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vor, der viele schöne Resultate gefunden hat; leider hat er durch Mangel an Präzision die Wirkung seiner Arbeiten abgeschwächt. Die hohe Bedeutung vieler Arbeiten über konforme Abbildung, die ebensosehr der Funktionentheorie angehören wie der Geometrie, möge zum Schlusse nur noch betont werden.

Wir dürfen uns eben nicht durch die bunte Mannigfaltigkeit der Gebilde der Geometrie dazu verlocken lassen, bei ihrer Anschauung länger zu verweilen. Ebensowenig dürfen wir das Gebiet der Anwendungen der Mathematik auf die mathematische Physik, besonders auf die Mechanik betreten, obschon hier die Macht der mathematischen Betrachtungsweise zur hellen Erscheinung kommt. Wir müssen uns eben damit begnügen, in einzelnen großen Zügen ein allgemeines Bild von dem ungeschwächt pulsierenden Leben in der mathematischen Forschung auf deutschem Boden zu zeichnen.

Schlußwort.

Beim Beginne der behandelten Periode lebten noch die Heroen unter den deutschen Mathematikern: Kummer, Weierstraß, Kronecker. Wir, die jetzigen alten Mathematiker, sahen mit Stolz auf sie, aber auch mit Sorge, weil wir nicht wußten, ob die deutsche Mathematik in der vordersten Reihe der Forschung sich würde behaupten können. Das flüchtige Bild, das wir entworfen haben, zeigt, daß zu solcher Besorgnis kein Grund vorhanden war. Und wenn auch inzwischen mancher von denen, auf welchen unsere Hoffnung beruhte, ins Grab gesunken ist, anderen die Kräfte vorzeitig versagt haben, so ist doch gegenwärtig eine Schar talentvoller aufstrebender Forscher in Deutschland an der Arbeit und gibt uns die frohe Hoffnung, daß das Volk der Denker auf dem mathematischen Felde des reinen Denkens weiter in der ersten Reihe der vorwärtsstrebenden Völker bleiben wird. Solche jugendlichen Forscher einzeln zu nennen, habe ich absichtlich vermieden. Möge nach abermaligem Verlaufe eines Vierteljahrhunderts die feste Zuversicht, mit der wir auf sie blicken, durch die inzwischen gemachten Entdeckungen bestätigt werden!

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 3. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 1236. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_3.pdf/107&oldid=- (Version vom 20.8.2021)