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Erscheinungen auf elektrische Vorgänge. Sie zielen zum Teil daraufhin, das Elektron für den Träger aller Energie darzustellen oder Energiezentren elementarer Art zur Erklärung aller Naturerscheinungen heranzuziehen. Es ist wohl kaum möglich, ein für den Nichtphysiker verständliches, klares Bild über die außerordentlich schwierige Materie zu geben, an deren Entwicklung die Physiker aller Länder ihren gebührenden Anteil haben. Wir müssen uns daher hier darauf beschränken, noch einige wichtige Forschungsergebnisse zu erwähnen, die bei der Aufstellung der modernen physikalischen Theorien von wesentlichem Einflüsse gewesen sind.

Rubens. – Reststrahlen.

Da sind zuerst die Versuche zu nennen, die darauf hinzielen, das Gebiet der elektrischen Wellen von mehreren Kilometern Länge bis zu 1/10 000 eines Millimeters lückenlos auszufüllen. Es ist dem Berliner Physiker Rubens gelungen, das Gebiet der Lichtwellen im ultraroten Teil des Spektrums bis zu Wellenlänge von 0,07 mm Länge zu erweitern, während man auf dem Gebiete der elektrischen Wellen bis zur Länge von 6 mm gekommen ist. Ob die relativ kleine Lücke, die zwischen den eigentlichen elektrischen Wellen und den Licht- und Wärmewellen noch besteht, wird ausgefüllt werden können, ist eine Frage der Zukunft. Wichtig ist, daß an den von Rubens untersuchten längsten Lichtwellen Eigenschaften aufgefunden worden sind, die wir an den kürzesten elektrischen Wellen schon länger kennen. Hierzu gehören in erster Linie die Resonanzerscheinungen von der Art, wie sie bei elektrischen Wellen bekannt sind. Rubens sonderte die langen Lichtwellen aus einem Strahlenbündel dadurch aus, daß er dieses wiederholt an ebenen Flächen eines Stückes Steinsalzes, Flußspat oder Sylvin reflektieren ließ. Die Rubensschen Untersuchungen der „Reststrahlen“ stehen wieder in Beziehung einerseits zu der Frage nach der Strahlungsenergie einer Lichtquelle, andererseits zu der sogenannten anomalen Dispersion und metallischen Reflexion bzw. selektiven (auswählenden) Absorption der Lichtwellen.

Strahlung eines absolut schwarzen Körpers.

Die Untersuchungen über die Energieverteilung der Strahlung eines Licht- und Wärmewellen aussendenden Körpers sind für die Strahlung eines absolut schwarzen Körpers sehr gründlich ausgeführt worden. Hiermit bezeichnet man einen Körper, der alle auf ihn fallenden Strahlen absorbiert. Nach einem schon von Kirchhoff um 1860 ausgesprochenen Strahlungsgesetze absorbiert jeder Körper diejenigen Strahlen, die er bei einer gegebenen Temperatur aussendet. Für einen absolut schwarzen Körper sind die Strahlungsgesetze möglichst einfach und auch theoretisch berechenbar. Boltzmann hat 1884 die Gesetze über die Strahlung eines absolut schwarzen Körpers theoretisch abgeleitet, nachdem Stefan 1878 aus früheren Versuchen dasselbe Gesetz induktiv hergeleitet hat, das unter dem Namen des Stefan-Boltzmannschen Integralgesetzes für die Strahlung des schwarzen Körpers bekannt ist. Es lautet: „Die Gesamtstrahlung eines schwarzen Körpers ist mit der vierten Potenz seiner absoluten Temperatur proportional.“ Dieses Gesetz ist dann von Lummer und Pringsheim 1897

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 3. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 1286. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_3.pdf/157&oldid=- (Version vom 20.8.2021)