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wird die Umkehrung des in den Keplerschen Fernrohren entstehenden umgekehrten Bildes durch ein Prismensystem bewirkt. Zwar war schon wesentlich früher das Prinzip der Anwendung der Prismen zu diesem Zwecke von dem französischen Ingenieur Porro 1853 angegeben worden, jedoch war diese Erfindung vollständig vergessen, weil sie damals infolge ungenügender instrumenteller Technik nicht praktisch ausgenutzt werden konnte.

Neues Glas für optische Instrumente.

Mit den Zeißwerken Hand in Hand arbeiten die Jenenser Glaswerke von Schott und Genossen. Bis in die 80er Jahre des vorigen Jahrhunderts war man auf die Benutzung weniger Glassorten, die durch die Worte Flintglas und Kronglas gekennzeichnet sind, angewiesen. Dann wurden in den Jenenser Glaswerken, zum Teil mit Unterstützung der Regierung, systematische Untersuchungen ausgeführt, die die Herstellung neuer Glassorten zur Aufgabe hatten. Während bei den früheren Glassorten das Brechungsvermögen und Dispersionsvermögen bei allen Krongläsern und ebenso bei allen Flintgläsern einander nahezu proportional sind, gelang es den Jenenser Glaswerken, Glassorten mit beliebig geforderten optischen Eigenschaften herzustellen, also z. B. sowohl solche mit hohem Brechungsvermögen und kleinem Dispersionsvermögen wie auch solche mit umgekehrten Eigenschaften. Durch diese Erfindungen war nun für die Konstruktion neuer optischer Instrumente die Bahn geebnet. Die Vollkommenheit dieser Instrumente hat jetzt eine ganz außerordentliche Höhe erreicht. Um sich zu vergegenwärtigen, daß auch weitere Kreise aus der Vervollkommnung der Glastechnik großen Nutzen ziehen, möge man nur an die Ausbreitung der Photographie denken. Die schönen Bilder, die mit relativ billigen photographischen Apparaten hergestellt werden können, sind zum größten Teil erst durch die Fortschritte in der Glastechnik ermöglicht worden. Daß bei den Arbeiten der Jenenser Werke auch für andere als optische Zwecke brauchbare Gläser abfielen, ist bekannt. Man denke nur an die Lampenzylinder und an die Thermometer aus Jenenser Glas. Die Lichtdurchlässigkeit der Glassorten für die verschiedenen Teile des Spektrums ist sehr verschieden; es ist jetzt gelungen, Gläser herzustellen, die noch weite Gebiete des ultra-violetten Spektrums durchlassen. Eine solche Glassorte ist unter dem Namen Uviolglas bekannt geworden.

Quarzglas.

Im Anschluß hieran möge auch des Quarzglases Erwähnung geschehen, das durch das Zusammenschmelzen des reinen Quarzes, des Bergkristalls gewonnen wird. Hauptsächlich wird es von der in Hanau belegenen Fabrik von Heräus & Co. hergestellt. Es zeichnet sich dadurch aus, daß es sich bei Erwärmung nur außerordentlich wenig ausdehnt. Das hat zur Folge, daß es bei plötzlicher Erwärmung und Abkühlung nicht zerspringt. So kann man ein bis zu heller Rotglut erhitztes Gefäß aus Quarzglas direkt in kaltes Wasser tauchen, ohne daß es zerspringt. Infolge dieser Eigenschaft ist es für manche physikalische und chemische Untersuchungen von unbezahlbarem Wert; es kann vielfach die teuren Platininstrumente ersetzen. Auch bei Herstellung der Quecksilberdampflampe, in der Quecksilberdampf durch den elektrischen Strom zum Glühen

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 3. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 1289. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_3.pdf/160&oldid=- (Version vom 20.8.2021)