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Die Bekämpfung der übertragbaren Erkrankungen (außer Tuberkulose und Syphilis).

Eine rationelle Bekämpfung der übertragbaren Erkrankungen wurde erst durch die Entdeckung der Mikroparasiten und die Wege ihrer Verbreitung ermöglicht. Die erste große Entdeckung bahnbrechender Art war diejenige des Tuberkelbazillus durch Robert Koch im Jahre 1882, nachdem schon vorher Pasteur und Robert Koch die beim Milzbrand gefundenen Stäbchen als wachstumsfähige Gebilde und Ursache der Seuche erkannt hatten.

Choleraerreger.

Unter den Volksseuchen, welche von Zeit zu Zeit verheerend in Deutschland einbrachen, war die Cholera schon lange ein eifriger Gegenstand der Forschung gewesen. Die Versuche, den Erreger derselben zu entdecken waren erfolglos geblieben. Die neuen Untersuchungsmethoden Kochs ließen ein besseres Resultat erwarten. Als daher im Jahre 1883 ein neuer Seuchenzug der Cholera begann, ordnete Kaiser Wilhelm I. die Entsendung einer Kommission zum Studium der Erkrankung an. Die Leitung dieser Expedition wurde Robert Koch übertragen, dem die Ärzte Dr. Gaffky und Dr. Fischer beigegeben wurden. Die Kommission begann ihre Studien in Ägypten und setzte dieselben, als dort die Seuche erlosch, in Indien dem Heimatlande der Cholera fort. Es gelang Robert Koch durch mühsame und ausgedehnte Untersuchungen als Erreger der Cholera einen spezifischen Bazillus von gekrümmter Form (Kommabazillus) nachzuweisen, der die Erkrankung durch Eintritt in den Magen-Darmkanal des Menschen hervorruft. Die schon früher gemachten Erfahrungen über die Verbreitung der Cholera wiesen auch auf die Wege hin, auf welchen die Mikroorganismen in den menschlichen Körper gelangen.

Andere Bazillen.

Der Entdeckung des Choleraerregers folgte in den nächsten Jahren der Nachweis anderer spezifischer Mikroparasiten bei verschiedenen Infektionskrankheiten, teilweise auch der Nachweis, daß schon früher beobachtete Bazillen als die Ursache der Erkrankung anzusehen seien. So zeigten die Untersuchungen von Hansen, Neißer, Arning, daß als Erreger der Lepra ein bestimmtes dem Tuberkelbazillus ähnliches Stäbchen zu beschuldigen ist. Löffler konnte 1890 den Nachweis führen, daß die 1884 von ihm zuerst beschriebenen Stäbchen als Ursache der Diphtherie zu betrachten sind, eine Entdeckung, die durch anschließende Arbeiten von Ehrlich sowie Behring sehr wichtige Folgen für die Therapie gehabt hat. Schon früher hatte Eberth bei dem Unterleibstyphus eigentümliche Stäbchen beobachtet; durch weitere Untersuchungen, insbesondere von Gaffky, wurde erwiesen, daß diese Bazillen als Ursache des Unterleibstyphus zu betrachten sind. Weiterhin wurden andere Mikroorganismen gefunden, welche typhusähnliche Krankheiten hervorrufen. 1894 entdeckten Kitasato und Yersin gleichzeitig den Pestbazillus, Löffler und Schütz fanden 1882 den Rotzbazillus, Koch und Kartulis hatten für die tropische Dysenterie Amöben als Ursache beschuldigt; in der Folge wiesen

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 3. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 1413. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_3.pdf/284&oldid=- (Version vom 20.8.2021)