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Einwohner im Jahre 1904 auf 4,8 : 10 000 im Jahre 1911 zurückgegangen, die Sterblichkeit ist von 2,4 :10 000 im Fahre 1889 auf 0,49 im Jahre 1909 gesunken.

Große Schwierigkeiten bietet naturgemäß die Behandlung der Bazillenträger. Eine dauernde Absonderung dieser ist unmöglich. Man muß sich also darauf beschränken, sie und ihre Umgebung auf die bestehende Gefahr aufmerksam zu machen und peinlichste Reinlichkeit von ihnen zu verlangen. Leider kommt es vor, daß eine bazillentragende Köchin ein Haus nach dem andern mit Typhus infiziert.

Durch Nahrungsmittel werden noch andere Keime leicht verschleppt, welche typhusähnliche Krankheitsbilder hervorrufen, sowie solche welche auch als Fisch-, Fleisch-, Wurst- und Austernvergiftung gelegentlich bezeichnet werden. Gegen derartige Erkrankungen läßt sich nur dadurch ein Schutz gewinnen, daß alle Nahrungsmittel nur in gekochtem Zustand genommen werden. Eine Krankheit, welche ebenfalls durch Infektion des Magen-Darmkanals hervorgerufen wird, ist die übertragbare Ruhr (Dysenterie), welche nicht allein in Friedenszeiten, sondern auch im Kriege unter den Truppen häufig zu wüten pflegt. Nur die strengste Absonderung der ersten Kranken und allgemein hygienische Vorsichtsmaßregeln vermögen gegen diese Seuche zu nützen.

Diphtheriebazillus. Behringsches Heilmittel.

Eine der gefährlichsten Seuchen, besonders des kindlichen Alters, die Diphtherie hat durch die Entdeckung des Diphtheriebazillus und des Behringschen Heilmittels in den letzten Jahrzehnten die Aufmerksamkeit weiter Kreise erregt. Als Schutzmittel gegen die Übertragung kommt an erster Stelle die strenge Absonderung der Kranken in Betracht; vielleicht auch die von Behring jüngst empfohlene Schutzimpfung. Aber hier besteht eine ähnliche Schwierigkeit wie beim Unterleibstyphus. Es gibt eine Anzahl von Menschen, besonders von Kindern, welche Diphtheriebazillen im Rachen beherbergen ohne krank zu sein. Gelegentlich können diese Träger natürlich erkranken. Es hat sich deshalb die Notwendigkeit ergeben, bei Ausbruch mehrerer Fälle von Diphtherie in Schulen, Pensionaten, Internaten, Fabriken alle Personen bakteriologisch zu untersuchen, welche mit den Erkrankten in Berührung gekommen sind, oder zusammen gelebt haben. Auf diese Weise sind vielfach Bazillenträger entdeckt und ist durch entsprechende Behandlung das Weiterschreiten der Ansteckung unterbrochen worden.

Gegen Masern erfordert die Hygiene nur dann Maßnahmen, wenn sie in bösartiger Form und epidemisch oder in Luftkurorten und Seebädern auftreten. Es kann dann ebenso die Absonderung, Schulschließung, wie bei Epidemien von Scharlach in Betracht kommen. Bei letzterer Erkrankung müssen die Geschwister vom Schulbesuch ferngehalten werden.

Die übertragbare Genickstarre, früher eine seltenere Erkrankung, hat besonders seit 1905 viele Opfer gefordert. Auch ihre Bekämpfung leidet dadurch, daß viele Menschen die Erreger der Krankheit in den Rachenorganen beherbergen ohne Krankheitserscheinungen darzubieten. Es ist deshalb ein Mitwirken aller Ärzte dringend erwünscht, um

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 3. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 1418. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_3.pdf/289&oldid=- (Version vom 20.8.2021)