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Kalisalze.

Das andere neu hinzugekommene Düngemittel liefern, wie schon erwähnt, die Abraumsalze der Salzbergwerke. Auch diese wurden bei der Gewinnung des Steinsalzes als eine lästige Deckschicht angesehen, die erst mühsam durchbrochen und beseitigt werden mußte, ehe man zu dem zunächst allein wertvollen Kochsalz in den Bergwerken kam. Auch hier hat sich das Bild durch die Entdeckung des Düngerwertes vollständig verschoben. Als man einsah, daß ebenfalls für leichtere, wie auch für stark humose oder moorige Böden erst eine genügende Düngung mit Kali die volle landwirtschaftliche Ertragsfähigkeit hervorrufen konnte, ergab sich der hohe Wert dieser Abraumsalze. Die Erkenntnis ihrer Bedeutung ist allmählich in immer weitere landwirtschaftliche Kreise und in neue Länder gedrungen und hat damit zu einer Anwendung der Kalisalze in der Landwirtschaft geführt, die an wirtschaftlicher Bedeutung die Gewinnung des Kochsalzes bei weitem überragt. Man kann jetzt sagen, daß die Gewinnung des letzteren in den meisten Salzbergwerken fast nur noch eine nebensächliche Aufgabe ist, während die Gewinnung der früher lästigen Kalisalze zum Hauptbetriebszweige geworden ist. Als man nun nach voller Aufklärung über den Wert der Kalisalze das Aufsuchen derselben immer gründlicher betrieb, zeigte sich die ungeheuer wichtige Tatsache, daß größere ausbeutungsfähige Lager von Kali ganz allein in Norddeutschland zu finden sind. Die Grenzen umfassen ungefähr das ganze Gebiet und reichen nur in Lothringen und Holland wenig über dieses hinaus, sind aber im übrigen sowohl von der Ostsee- bis fast zur Mainlinie und vom Westen bis zum Osten zu finden. Diese Kalisalze stellen daher ein einzigartiges Gut des norddeutschen Gebietes dar, in dessen Lieferung kein anderes Wirtschaftsgebiet der Erde konkurrieren kann. Unabhängig von dieser Tatsache ist aber zuerst in Norddeutschland der landwirtschaftliche Wert des Kalis als Düngemittel erkannt und wissenschaftlich begründet worden, und man muß gerade in bezug auf das Kali vom landwirtschaftlichen und volkswirtschaftlichen Gesichtspunkte aus die letzte hier behandelte Entwicklungsperiode des Wirtschaftslebens als hervorragend bedeutsam bezeichnen.

Stickstoff: Ammoniak.

Auch auf dem Gebiete der Stickstoffdüngung hat die neuere Zeit einige Fortschritte erzielt, zunächst in der Hinsicht, daß man erkannt hat, wie bei allen sogenannten trockenen Destillationen, z. B. bei der Herstellung von Koks und Holzkohle, beträchtliche Mengen von Stickstoff in Form von Ammoniak gasförmig entweichen. Bei der Herstellung von Leuchtgas unter Gewinnung von Koks als Nebenprodukt aus Steinkohle hat man zwar auch früher, wenn auch in geringerem Maße, das Ammoniak durch Schwefelsäure aufgefangen und das Produkt, das schwefelsaure Ammoniak, als Düngemittel verwendet. Diese Gewinnung ist aber in der neueren Zeit beträchtlich gestiegen, und es ist jetzt das Streben als berechtigt und unbedingt notwendig erkannt, nach Möglichkeit so gut wie keine Verbrennung oder Destillation vor sich gehen zu lassen, bei der nicht der Stickstoff als schwefelsaures Ammoniak gewonnen wird. Da in allen unseren für gewöhnlich verwendeten Verbrennungs-, und Heizstoffen, speziell in allen Kohlen- und Holzarten, beträchtliche Mengen Stickstoff enthalten sind, so ist auch

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 3. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 1460. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_3.pdf/331&oldid=- (Version vom 20.8.2021)