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Energiequelle als Ersatz darzubieten. Allerdings hat man in der Beurteilung derselben bei näherer Prüfung immer bescheidener werden müssen, da die Wasserkräfte aus einem größeren Gebiete nur schwer wirtschaftlich zu vereinigen sind, und da die einzelnen Stellen, wo bei großen Wasserfällen viel Energie konzentriert ist, nicht so häufig sind, als man ursprünglich glaubte. Speziell in Norddeutschland sind die hierin zur Verfügung stehenden Energiequellen im Verhältnis zum Bedarf des gesamten wirtschaftlichen Lebens verschwindend. In weniger dicht bevölkerten Ländern, z. B. in Norwegen und Finnland, sind allerdings noch größere derartige Energiequellen vorhanden, aber auch in der neueren Zeit meistens nicht mehr frei zur Verfügung, da bald nach der Erkennung ihres Wertes die wirtschaftliche Erschließung für andere Zwecke mit Beschlag belegt wurde. Immerhin ist die Möglichkeit, den elementaren Stickstoff aus der Luft zur Herstellung von Düngemitteln zu gewinnen, vorhanden und damit die ungeheure Quelle für Stickstoff in der Atmosphäre erschlossen.

Stalldung.

Unter den Düngemitteln nimmt der Stallmist auch in unserer letzten Wirtschaftsperiode noch eine wichtige Stellung ein. Wenn man auch eine Zeitlang an seinem Werte für die Düngung der Felder zweifelte, so hat er sich doch nach kurzer Zeit wieder als unersetzlich erwiesen. Speziell beim Anbau der Hackfrüchte, auch besonders beim Rübensamenbau, kann man den Stallmist zur Erzielung sicherer Erträge als nicht entbehrlich bezeichnen, und auch bei den übrigen Feldfrüchten, speziell beim Getreide, ist sein Wert unvermindert erwiesen. Diese Tatsache ist für die Landwirtschaft um so bedeutsamer, als der Wert des Stallmistes als Dünger für die Rentabilitätsfrage der Nutzviehhaltung meistens von entscheidender Bedeutung ist. Würde der in der Viehhaltung erzeugte Dünger als wertlos anzusehen sein, so würde diese wesentlich erschwert und die Erzeugung ihrer Produkte stark verteuert werden. Über den Wert des Stallmistes nach vorübergehenden Zweifeln wieder volle Aufklärung gebracht zu haben, ist aber ebenfalls eine Errungenschaft der hier behandelten Wirtschaftsperiode.

Gründüngung.

Ferner ist auch die Frage der sogen. Gründüngung in der neueren Zeit weiter gefördert worden. Ihre ersten Anfänge liegen ja, wenn man von ihrer Anwendung bei den Römern absieht, bereits in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts, haben aber doch erst seit den achtziger Jahren, und namentlich seit der Verwendung der Thomasschlacke und des Kalis als Dünger eine starke Entwicklung erlangt. Mit ihrer Hilfe ist es erst gelungen, den leichten, namentlich den Sandboden, zu einer hohen Kultur zu bringen, indem sie die Möglichkeit gewährt, mit Hilfe der Leguminosen, also durch lebende Organismen, ebenfalls den elementaren Stickstoff der Atmosphäre nutzbar zu machen. Der Fortschritt, den die neuere Zeit brachte, war aber der, daß man auch auf besserem Boden diese Stickstoffgewinnung aus der Luft mit Hilfe der Leguminosen zum Zwecke der Gründüngung versuchte. Durch den Anbau von Ackerbohnen, Erbsen und Wicken, wie vor allem durch den von Gelbklee, kann man auch auf besserem Boden zwischen den Hauptfrüchten,

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 3. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 1462. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_3.pdf/333&oldid=- (Version vom 20.8.2021)