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größer ist der Erfolg. Darum sollte auch in Zukunft alle Eigenbrödelei wegfallen, und nur ganz besondere Verhältnisse berechtigen im eigenen wie im allgemeinen Interesse den Einzelnen oder einzelne Gegenden, sich von den Bestrebungen der Landeszucht auszuschließen.

Der Bedeutung der Schwarzbunten im Norden entsprechen annähernd die Gelbbunten sog. Simmentaler im Süden. Leider hat man sich aber verleiten lassen, dieses äußerst formvollendete und in mehrfacher Beziehung auch leistungsfähige, dabei sehr anspruchsvolle Vieh in verhältnismäßig ärmliche Gegenden zu bringen, um es hier zur Umzüchtung vorhandener Bestände oder zur Reinzucht zu benutzen. Dadurch sind z. B. die in ihrer Art sehr wertvollen mitteldeutschen roten Gebirgsschläge z. T. ganz verschwunden, z. T. in ihrem Bestehen arg gefährdet. Erfreulicherweise haben sich die Leitungen der noch vorhandenen Zuchten und Zuchtreste auf gemeinsamen Boden gestellt, und so ist zu hoffen, daß es gelingen wird, manches wieder zu retten.

Übrigens scheinen sich die Anzeichen dafür zu mehren, daß man auch sonst in der Versimmentalerung zu weit gegangen ist und man sollte, wo dies der Fall ist, lieber einlenken, als den Fehler durch Hartnäckigkeit zu vergrößern.

Wenn auch die Vielseitigkeit in der Leistung, die ungefähr gleichmäßig in Milch, Fleisch und Zucht angenommen wird, dem Simmentaler viele Freunde verschafft hat, so erscheint es doch erwägenswert, ob nicht etwas mehr Spezialisierung je nach den Verhältnissen am Platze wäre.

Daß alle, auch die nicht genannten Rassen, an Güte ganz bedeutend gewonnen haben, möge kurz betont werden. Mit verschwindenden Ausnahmen dürften das Gewicht, die Frühreife und die Milchleistung erheblich zugenommen haben und weitere Fortschritte angebahnt sein.

Die Schweinezucht.

In der Schweinezucht darf neben der geradezu ungeheuren Vermehrung noch mit besonderer Genugtuung darauf hingewiesen werden, daß Deutschland sich züchterisch völlig unabhängig vom Auslande gemacht hat. Ja noch mehr, die deutsche Schweinezucht darf ohne Überhebung für sich in Anspruch nehmen, die englische übertroffen zu haben.

Wenn auch das deutsche Edelschwein auf die englischen Yorkshires und ähnliche zurückgeht, so hat es sich jetzt zu einem besonderen Typ herausgebildet, der sich ausdrücklich frei von allen in die Überbildung hinüberreichenden Übertreibungen frei hält, dabei aber alle gerechten Ansprüche an Leistung bezüglich Frühreife und Mastfähigkeit erfüllt.

Die Verwendung ausländischer Rassen darf als notwendig nicht mehr hingestellt werden, so nützlich sich ja auch in Einzelfällen, besonders das Berkshire, noch macht.

Daß die alten Naturrassen der Landschweine allmählich immer mehr der Kultur weichen mußten, ist eine wirtschaftliche Notwendigkeit. Andererseits gibt es noch immer Gegenden, wobei besonders an rauhe Gebirgslagen und ähnliche gedacht wird, in denen die Produktionsbedingungen unverändert geblieben sind, und in denen es deshalb grundfalsch sein würde, die unveredelten Schweine veredeln zu wollen.

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 3. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 1468. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_3.pdf/339&oldid=- (Version vom 29.1.2017)