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unter andern von Schwaiger einer gründlichen theoretischen Behandlung und praktischen Ausbildung unterzogen wurden; die ersten deutschen Schnellregler gaben 1908 die Siemens-Schuckert-Werke heraus. Schließlich ist noch der zur Umwandlung des Wechselstromes in Gleichstrom bestimmte Umformer zu nennen, anfangs eine aus Wechselstrommotor und Gleichstromgenerator bestehende Doppelmaschine, später durch den amerikanischen sogenannten Einankerumformer ersetzt. In Deutschland wurde der Umformer u. a. durch die Erfindung des Kaskadenumformers von Bragstad und La Cour im Jahre 1904 weiter ausgebildet.

Sehr viel mannigfaltiger wurden die elektrischen Anlagen auch durch die außerordentlich gesteigerte Vielseitigkeit der Anwendung elektrischer Betriebskraft. Von solchen Betrieben sollen hier wenigstens die im Berg- und Hüttenwesen, in der Fördertechnik und in den Walzwerken erwähnt werden, weil die Befriedigung ihrer Bedürfnisse eine besonders umfangreiche wissenschaftliche Ingenieurtätigkeit erforderte und auch auf die Gestaltung der Erzeugeranlagen einen starken Einfluß ausübte.

Betrachten wir nun die Entwicklung der elektrischen Anlagen als Ganzes, so sehen wir die der Gleichstromanlagen um die Jahrhundertwende ziemlich abgeschlossen. Von da an wandte sich der ganze Fleiß der Ingenieure den Wechselstromanlagen zu und führte zu dem, was wir heute Wechselstrom-Hochspannungstechnik nennen. Von Hochspannung kann im Jahr 1888 überhaupt noch nicht die Rede sein, weil es noch keine Wechselstromtechnik gab. Nicht lange vorher war eine Energieübertragung mit Gleichstrom von 2000 Volt in der Schweiz in Betrieb gesetzt worden, und 1888 stritt man sich noch in der Literatur, ob sie einen Erfolg oder einen Mißerfolg bedeute. Hochspannungsanlagen im modernen Sinne des Wortes waren eben – trotz der unleugbaren Erfolge, die die zähe Energie des Schweizers Thury mit hochgespanntem Gleichstrom erzielt hat – nur mit Wechselstrom, insbesondere Drehstrom möglich. Und solche konnten sich auch nach der Frankfurter Ausstellung nur langsam entwickeln; der mit jener Übertragung von 70 PS auf 175 km Entfernung bei 27 000 Volt getane Schritt war zu groß gewesen. Es mußten erst noch gründliche Forschungen und Fortschritte in der Hochspannungstechnik gemacht werden. Als besonders wichtig seien die Erfindung des Ölschalters, die Verbesserung der Porzellanisolatoren und die Auffindung von Mitteln erwähnt, durch die man die Anlagen vor Überspannungen, wie sie beim Unterbrechen von Stromkreisen und durch atmosphärische Einflüsse entstehen können, zu schützen gelernt hat.

Derartige Neuerungen änderten die Einrichtung der Kraftstationen von Grund aus, insbesondere in den Schaltanlagen. Diese entwickelten sich von jenen bescheidenen „Schaltbrettern“ des Jahres 1888 aus zu großen Schalthäusern, die das Maschinenhaus an Größe oft noch erheblich überragen. Die Generatoren steigerten ihre Größe gewaltig: während im Jahre 1888 Maschinen von einigen hundert Kilowatt Leistung für ungewöhnlich groß angesehen und die Generatoren des Frankfurter Elektrizitätswerks mit 500 Kilowatt Leistung noch im Jahre 1894 allgemein angestaunt wurden, sind heute Generatoren für 12 000 und 15 000 Kilowatt in Betrieb, und einer für sogar 25 000 Kilowatt wird gegenwärtig von Brown, Boveri & Cie. in Mannheim gebaut. Draußen,

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 3. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 1516. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_3.pdf/387&oldid=- (Version vom 20.8.2021)