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befahren werden, schon in so kurzen Intervallen (20–30 Sek.), daß leicht Hemmungen entstehen. Auch reicht die Fahrgeschwindigkeit auf Straßenbahnen schließlich nicht mehr aus, um in einer sich erweiternden Stadt die Entfernungen zwischen Wohnung und Arbeitsort in einer angemessenen Zeit zurückzulegen. Es wäre dann ein rascheres Verkehrsmittel einzuführen, nämlich Schnellbahnen auf selbständigem Planum. Dies ist nunmehr in den zwei größten deutschen Städten, Berlin und Hamburg-Altona, geschehen mittels diametraler und Ringlinien.

Von großer Bedeutung für einen Bebauungsplan sind natürlich die schon bestehenden Eisenbahnen und dabei die in jüngster Zeit oft vorgekommenen Fragen über die Erweiterung, Hochlegung oder Verlegung von Personenbahnhöfen. Es wäre zu wünschen, daß derartige Aufgaben nicht einseitig zum Vorteil des Eisenbahnbetriebes entschieden werden, sondern daß die städtischen Interessen ausgiebig mit zur Geltung kommen. Letztere fordern aus örtlichen Gründen trotz etwaiger Schwierigkeiten die tunlichste Erhaltung eines Bahnhofs im Innern der Stadt (Köln, Hannover), gestatten vielleicht ein gewisses Vorschieben (Frankfurt, Stuttgart), aber nicht eine Verlegung weit hinaus vor das Baugebiet (Karlsruhe, Darmstadt); unter Umständen kann die Verteilung des Verkehrs auf mehrere Einzelbahnhöfe zweckmäßig sein (Berlin, Hamburg-Altona).

Außerdem ist der Güterverkehr zu beachten. Gewöhnlich reicht ja ein Güterbahnhof außerhalb der Stadt aus, aber öfter wäre auch eine Dezentralisation erwünscht, teils um verschiedene Stadtteile mittels Lokalgüterstationen zu bedienen, teils um Hafenanlagen und Fabrikbezirke anzuschließen. Es kommt dann entweder zu einzelnen Fabrikgleisen oder zu ausgedehnten Gleisgruppen, wie in den meisten Hafenstädten, oder selbst zu einem eigenen Güterbahnnetz (Mülhausen).

Bei selbständigen Eisenbahnen ist jetzt als Hauptgrundsatz der Linienführung durchgedrungen, daß Straßen in Städten und in deren Erweiterungsgebiet nicht in Schienenhöhe gekreuzt werden dürfen. Die Bahnen müssen daher in der Regel über oder unter dem Gelände liegen. Hieraus haben sich vielfach schwierige und kostspielige Konstruktionen ergeben, namentlich soweit Bahn und Straße ein und derselben Linie folgen. Es gibt dann entweder Unterpflasterbahnen oder Hochbahnen über der Straße, bei welchen namentlich das Lichtbedürfnis der Häuser und das gute Aussehen zu beachten ist. So sind zweistöckige Anlagen entstanden und haben zu interessanten bautechnischen Fortschritten Gelegenheit gegeben (Stadtbahnstrecken in Berlin und Hamburg). Schließlich kommt man auf Schwebebahnen (Elberfeld-Barmen). An dieser Stelle ist auch der Elbtunnel in Hamburg anzuführen, eines der eigenartigsten Bauwerke für städtischen Straßenverkehr und ein Zeugnis für die Leistungsfähigkeit der technischen Wissenschaften. Die Bauzeit währte von 1907 bis 1911. Vorläufer dazu war der Spreetunnel in Treptow bei Berlin für die städtische Hoch- und Untergrundbahn, eröffnet 1899, später folgend der Spreetunnel bei der Inselbrücke für die Straßenbahn 1913.

Bauordnung.

Zu jedem Bebauungsplan gehört eine Bauordnung, um ein vollständiges Bild der Zukunft zu erhalten. Hierin kommt als wichtigster Punkt die Bau- und Wohndichtigkeit in Betracht. Welche Folgen aus dem

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 3. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 1524. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_3.pdf/395&oldid=- (Version vom 10.12.2016)