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Einem Landhaus glich das Schloß, und einsam
Auf Terrassen, durch Citronenwäldchen

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Sanft beschattet, die das Meer bespülte,

Lag’s in hügelreicher Küstenlandschaft.

Längst vom Pferd herabgestiegen, wandelt
Auf dem Dach umher Mohadi’s Enkel.
Bald entdeckt er eine schmale Treppe,

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Die hinab in einen großen Vorsaal

Führte, rings herum belegt mit Polstern.
Dort erblickt er zwölf Eunuchen, schlummernd
Ausgestreckt und schnarchend. Weiter eilt er
Durch Gemächer, königlich behangen

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Mit verschwenderischen Goldtapeten,

Halb erleuchtet durch den sanften Vollmond −
Plötzlich schimmert ihm ein Licht entgegen!
Dieß verfolgt er, auf den Zehen schleichend,
Bis er tritt in ein Gemach, wo goldne

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Lampen hingen an metallenen Ketten

Von der Decke nieder; alle Wände
Waren Spiegel und des Zimmers Boden
Elfenbein in schöngetäfelter Arbeit;
Doch gelehnt auf einen prächtigen Armstuhl

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Saß, den Rücken wendend ihm, ein Mädchen.

Ihre langen, schwarzen Locken waren
Aufgelöst, und sammt den eingeflochtnen
Perlenschnüren hingen tief herab sie.
Eine Laute lag auf einem Tischchen

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Neben ihr; mit lauter Stimme lesend,

Doch in fremder, niegehörter Sprache
Für den Prinzen, saß die schöne Jungfrau.
Endlich hebt das Auge weg vom Buch sie,
Und erblickt im Spiegel gegenüber

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Erst sich selbst und hinter sich den Fremdling.

Staunend springt vom Sitz empor sie, sprachlos

Empfohlene Zitierweise:
August Graf von Platen: Die Abbassiden. J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1847, Seite 28. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Abassiden_(Platen).pdf/28&oldid=- (Version vom 31.7.2018)