Seite:Die Anfänge des musikalischen Journalismus Seite 24.jpg

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Aus diesem Gesichtspunkte beurteilte Mizler die Bücher, welche er in seiner Bibliothek besprach, aus diesem Gesichtspunkte traf er auch die Auswahl unter den zu besprechenden Büchern, wobei er sein in der Vorrede zum I. Band gegebenes Versprechen, die sämtlichen musikalischen Bücher seit Aristoxenos zu beurteilen, schlecht einhielt.

Die Bücherbesprechungen nehmen den grössten Teil der Bibliothek in Anspruch. Es kann nicht unsere Aufgabe sein, eine auch nur skizzierte Inhaltsangabe der besprochenen Bücher zu geben, da die hierauf verwandte Zeit und Mühe häufig in gar keinem Verhältnis zu dem resultierenden praktischen Nutzen stehen würde. Es interessiert uns nur der Standpunkt, den Mizler einnimmt.

Seiner Begabung entsprechend wählte er mit Vorliebe solche Bücher aus, in denen mathematische Berechnungen einen breiten Raum einnehmen, so z. B. die „Exercitationes Musicae theoretico-practicae curiosae de concordantiis singulis“ von Printz, deren Besprechung sich durch neun Teile der Bibliothek hindurch fortsetzt, ferner: „Tentamen novae theoriae musicae“ von Euler.

Euler ging von dem Grundsatze aus, dass die Annehmlichkeit an dem Zusammenklange von Tönen um so grösser sei, je kleiner das Zahlenverhältnis wäre, durch welches sich die Tonbeziehungen ausdrücken liessen. Hierbei kam er aber mit den Forderungen des musikalischen Gehörs in den schärfsten Konflikt. Nach der Stufentabelle der Annehmlichkeit nämlich, welche er aufstellte, musste die Konsonanz 1:10 = C:e als auf der sechsten Stufe der Annehmlichkeit befindlich dem Ohre weniger gefallen, als die Dissonanz 1:9 = C:d´´, welche auf der fünften Stufe ihren Sitz hatte.

Mizler, der aus diesen Deduktionen erkennen musste, dass die Mathematik zur Begründung eines musikalischen Systems nicht ausreiche, wies diese Theorie mit aller Ehrerbietung gegen den grossen Gelehrten zurück. Er fühlte recht wohl, dass diese Art, die Mathematik der Musik dienstbar zu machen, den Musikern Gelegenheit geben müsse, sich über die mathematischen Theoretiker lustig zu machen.