Seite:Die Anfänge des musikalischen Journalismus Seite 38.jpg

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Wie Mizler hält auch er die Musik für eine Zweigwissenschaft der Mathematik. Nach seiner Anschauung ist auch die Philosophie unentbehrlich für einen Komponisten, da die Musik nicht nur für das Gehör, sondern auch für die „nachdenkende Seele“ da sei und man nur aus der Philosophie die Seelenkräfte kennen lernen könnte (24. Stück).

Nach den drei Klassen der angenehmen, unangenehmen und vermischten Affekte (Wolff) werden die Leidenschaften der Liebe, Freude, Eifersucht, Furcht etc. fünf Stücke hindurch (19-23) beschrieben zur Belehrung für den Komponisten, damit dieser sich den Grad des Affektes durch eine vernünftige Einbildungskraft „vernünftig vor die Seele stellen könne“. Ob aber den Tonsetzern mit solchen sehr allgemeinen Fingerzeigen wie dem, dass die Freude durch eine „muntere und klare Stimme mit einer fliessenden und etwas geschwinden Komposition“ ausgedrückt würde, viel gedient war, ist zweifelhaft.

Die belehrende Tendenz dieser Zeitschrift zeigt sich, abgesehen von den Affektdefinitionen, in einer Erklärung der Erscheinungen des Schalles, Klanges und Tones.

Mizler war mit der „lehrreichen und nützlichen Schrift“ sehr zufrieden und brachte im III. Bande seiner Bibliothek einen Auszug der einzelnen Stücke. Für uns dürfte das Werk ohne besonderes Interesse sein, da sein philosophischer Standpunkt auf die Musikentwicklung kaum einen fördernden Einfluss hatte, andererseits die Zeitschrift gar keine neuen Beleuchtungen ihrer Zeitgeschichte giebt und auch nicht einmal über musikalische Tagesereignisse Notizen bringt. Das Beste an ihr ist der fliessende, von allem gelehrten Fremdwörterschwulst freie Stil, in dem sie abgefasst ist. Im übrigen gefällt sie sich besonders in der ersten Hälfte in grosser Weitschweifigkeit und überflüssigen Wiederholungen gleichgültiger und selbstverständlicher Dinge. Die Vorschläge, die zur Verbesserung der Musik gegeben werden, sind gut gemeint, gehen aber von der falschen Voraussetzung aus, dass sich durch Schulregeln ein kompositorisches Genie erzeugen lasse.