Seite:Die Anfänge des musikalischen Journalismus Seite 40.jpg

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(Patriot, 40. Betr.) und Scheibe (Crit. mus., 53. St.) bedienten sich gelegentlich dieser Schreibart, aber Marpurg war Meister in ihr. Seine scharfe Beobachtungsgabe für menschliche Schwächen, der beissende Sarkasmus, mit dem er sie zu geisseln wusste, sein epigrammatisch zugespitzter Stil, der ihn immer mit wenigen Worten das Richtige sagen liess, kamen ihm in seinem Kampf gegen musikalische Unfähigkeit und die häufig damit verbundene persönliche Anmassung trefflich zu statten. Von Seiten seiner satirischen Begabung zeigt ihn die vorliegende Zeitschrift im besten Licht. Die Lektüre seiner fingierten, mit köstlichem Humor gewürzten Briefe von dünkelhaften und reaktionären Musikern oder von eingebildeten und unfähigen Dilettanten ist eine wahre Erfrischung. Man gewinnt dadurch gleichzeitig den besten Einblick in das Musikleben des vorigen Jahrhunderts. Marpurg zieht aber nicht nur musikalische Missstände in den Kreis seiner Betrachtungen, sondern er fasst seine Aufgabe gerade so wie Scheibe, der gelegentlich eine moralische Abhandlung vom Neide schrieb (Crit. mus., 48. St.), von einem viel weiteren, allgemein menschlichen Standpunkt auf; sei es nun, dass er eine adlige Dame, die auf der Auktion ein „vortreffliches Klavier“ für 15 Groschen 6 Pfennige kauft, oder einen bramarbasierenden Landedelmann verspottet, der einen Hauslehrer sucht, welcher hebräisch, griechisch, lateinisch, französisch, englisch, italienisch und holländisch kann, welcher über Heraldik, Genealogie, Theologie, Rechts- und Arzneilehre Bescheid weiss und daneben Klavier, Violine und Flöte spielt, für alle seine Leistungen aber ein Honorar von 18 bis 20 Thaler erhalten soll. Sei es, dass er über jene Stadt witzelt, die sich ein wöchentliches Konzert einrichten will aus Strafgeldern für neue Modethorheiten und eheliche Treubrüche, oder über Musiker spottet, die, wenn sie irgendwo eingeladen sind, sich durch unmässiges Essen und Trinken für ihre Leistungen zu entschädigen suchen.

Gegen Pfuscher und Stümper in der Musik war Marpurg von einer geradezu grausamen Rücksichtslosigkeit. Durch die satirische Kampfesweise wurde die Lächerlichkeit der aufgeblasenen Impotenz