Seite:Die Anfänge des musikalischen Journalismus Seite 42.jpg

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Ausser der Übersetzung des Aufsatzes von Bollioud de Mermet: „Über den Verfall des Geschmackes in der französischen Musik“ (40.-43. Stück) liefert Marpurg durch einen Artikel über den Vortrag einen weiteren Beweis seiner ästhetisierenden Bemühungen (26.-28. Stück). Wenn uns manche der hier gegebenen Vorschriften als selbstverständlich und überflüssig erscheinen, so ist das nur ein Beweis dafür, wie weit verbreitet um diese Zeit die geschäftsmässige und gedankenlose Musikmacherei war, die ihre Befriedigung mehr in der Breite als in der Vertiefung suchte, und wie sehr es Marpurg wie auch allen seinen gleichgesinnten Zeitgenossen daran lag, eine künstlerischere Vortragsart zu befördern. Folgende Bemerkung aus diesem Aufsatz (S. 226): „Es würde den geübtesten Tonkünstler vielleicht verwirren, wenn er einmal in einem Saale vor einer grossen Versammlung ohne Pult und Noten etwas exekutieren sollte,“ dürften übrigens die Virtuosen unserer Zeit mit einem Lächeln der Genugthuung lesen.

Den für alle Musiker gültigen Unterweisungen im Vortrag lässt Marpurg im 37. und 38. Stück speziellere Fingerzeige für die Organisten folgen, wie schon Mattheson, Mizler und Scheibe in ihren Zeitschriften vor ihm gethan hatten; ausserdem giebt er dabei noch dankenswerte Vorschläge für die Registrierung.

In dieser Zeitschrift befindet sich auch, nebenbei bemerkt, der Originalabdruck eines Gedichtes (vgl. Lessing (Hempel) I, 172 ff.) des 20jährigen Lessing (18. Stück), der sich der Freundschaft Marpurgs erfreute. Lessing bezeichnet hier die grübelnde Vernunft in Sachen der Kunst als Hemmnis einer erspriesslichen Entwickelung, gesundes Empfindens hingegen als der Kunst förderlich. An einer Stelle (S. 145) heisst es:

„Ein Geist, den die Natur zum Mustergeist beschloss,
Ist, was er ist, durch sich, wird ohne Regeln gross.
Er geht, so kühn er geht, auch ohne Weiser sicher,
Er schöpfet aus sich selbst. Er ist sich Schul und Bücher.
Was ihn bewegt, bewegt, was ihm gefällt, gefällt.
Sein glücklicher Geschmack ist der Geschmack der Welt.“

Was uns Scheibes Persönlichkeit so sympatisch machte, das war sein deutsches Nationalbewusstsein, sein immer wiederholter