Seite:Die Anfänge des musikalischen Journalismus Seite 60.jpg

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nie einen bleibenden Erfolg erzielten, da der Quell ihrer unmittelbaren musikalischen Empfindung durch kritische Reflexionen des experimentierenden Geistes gehemmt war. Hillers Vorzug, der sich im allgemeinen selten mit den Eigenschaften eines Kritikers vereint findet, ermöglichte ihm ein liebevoll entgegenkommendes An- und Nachempfinden der Werke anderer. Dazu kamen noch seine theoretischen Kenntnisse, die ihn Mangelhaftes durch Besseres zu ersetzen befähigten. Die Erfahrungen, die er als Komponist gemacht hatte, liessen ihn ferner nicht wie den blossen Theoretiker an dem unwandelbaren Dogma der Regeln festhalten, sondern machten ihn freimütig gegen kühne Neuerungen der frei schaffenden Phantasie (Bd. I, S. 29). Kleinliche Ausstellungen wegen grammatischer Unrichtigkeiten traten bei ihm völlig zurück; er sah mehr auf den musikalischen Gehalt des Ganzen, als auf die Fehlerhaftigkeit im Einzelnen. Marpurg mochte Hiller an kritischer Schärfe, Vogler, den wir in seinen „Betrachtungen der Mannheimer Tonschule“ als kritischen Lehrmeister kennen lernen werden, an kleinlicher Genauigkeit überlegen sein: beiden fehlte aber das, was Hillers Rezensententhätigkeit so erspriesslich machte, nämlich das der Kunstproduktion so ungemein förderliche Wohlwollen, die liebevolle Versenkung in das Schaffen des Künstlers. Während Marpurg und Vogler ihr Augenmerk vor allem darauf richteten, sich keinen Fehler entgehen zu lassen, sah Hiller mehr darauf, das Gute in den zu besprechenden Tonwerken aufzufinden (Bd. II, S. 2). Bei Marpurg und Vogler tritt der scharfe kritische Beobachter ganz in den Vordergrund, bei Hiller bleibt das Hauptinteresse des Lesers immer auf das Werk gerichtet, hinter welchem die Person des Berichterstatters ganz verschwindet.

Trotzdem die Rezensionen eigentlich für das musizierende Publikum bestimmt waren, liess Hiller doch einen belehrenden Zweck für den komponierenden Kunstjünger nicht aus dem Auge. Er berücksichtigte daher vor allem neue und unbekannte Komponisten, um sie entweder anzuregen oder auf ihre Fehler aufmerksam zu machen (Bd. IV, S. 3). Aus diesem Grunde liess er es sich auch nicht verdriessen, dürftige und wertlose Tonstücke zu