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aus, ergriff die Kette und zog sich daran empor. Das war eine sehr leichte Mühe, selbst wenn er kein muskelstarker Turner gewesen wäre, jeder Ruck beförderte ihn einige Meter hinauf.

Jetzt fiel ein heller Schein in seinen Taucherhelm, er jauchzte laut auf, es war die Sonne! Wie er den schweren Kopf etwas hob, mit den Schultern natürlich noch im Wasser, sah er die Eisenplatten eines sehr hohen Dampfers. Weiter zu klettern vermochte er aber nicht. Schon der Helm war sehr schwer, und die Bleisohlen hätte er vollends nicht nachziehen können. Er schrie. Man konnte ihn aber schwerlich hören.

Kurz entschlossen klammerte er sich mit den Beinen an der Kette fest, schraubte den Taucherhelm ab und ließ ihn fallen.

„Mann über Bord! Mann über Bord!“ schrie er dann jauchzend.

Da aber verwandelte sich sein Jauchzen in einen Angstruf.

„Zu Hilfe, schnell, zu Hilfe!“

Seine Füße waren nämlich gepackt worden, und wie er auch strampelte, sie wurden festgehalten, und eine gewaltige Kraft zog daran, der er nicht lange widerstehen konnte.

„Zu Hilfe! Mann über Bord!“

Schritte rannten über Deck, Köpfe erschienen über der Bordwand, man warf ein Tau hinab.

Zu spät, Richards Kräfte waren schon erschöpft, der Zug nach unten war stärker als seine Hände; sie verloren den Halt; mit einem verzweiflungsvollen Schrei versank Richard in der Tiefe, das Wasser schlug über seinem von keinem Taucherhelm mehr geschützten Kopfe zusammen.

Ein Röcheln und Gurgeln, ein kurzer Todeskampf – und Richard, der Träumer, erwachte zu neuem Leben in seinem Bette!




Heft 9 enthält die Erzählung: „Eine Nordpolfahrt“.


Empfohlene Zitierweise:
Robert Kraft: Die Ansiedelung auf dem Meeresgrunde. H. G. Münchmeyer, Dresden (1901), Seite 32. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Ansiedelung_auf_dem_Meeresgrunde.pdf/34&oldid=- (Version vom 31.7.2018)