Seite:Die Behandlung der Kolonisten in der Provinz St. Paulo in Brasilien und deren Erhebung gegen ihre Bedrucker.pdf/102

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Mehrere von den ältesten dieser Schüler, 16, 17jährige Leute, in welchem Alter sich in Brasilien Viele verheiraten, kannten noch fast oder gar keine Buchstaben; im Schreiben und in der bibl. Geschichte waren sie gar nicht, und im Rechnen und Singen nur wenig weiter vorwärts. Näher will ich die Kenntnisse dieser Kinder nicht beschreiben, aber das aufrichtige Geständniß beifügen, daß ich sie mit vieler Mühe nur sehr wenig von der Stelle brachte. Abgesehen von der schrecklichen Unbeholfenheit und Unfähigkeit vieler dieser Schüler, deren Eltern aus gar vielen schweizerischen und deutschen Gauen herkamen und meistens zu nichts Anderm weniger befähigt waren, als zu einer vernünftigen und geistbildenden Erziehung, fanden sich in dieser Schule außer einigen A-B-C- und ersten Lesebüchlein, welche Eigenthum kurz vorher angekommener Kinder waren, außer einer Wandtafel und etlichen mit großer lateinischer Schrift beschriebenen Bogen Papier (Wandvorlagen) fast keine Lehrmittel, ein Mangel, der in Brasilien nur durch Herschaffung aus dem fernen Europa zu beseitigen ist. Ich wäre nicht einmal im Stande gewesen, mir weiße Kreide zu verschaffen, wenn nicht ein Kolonist solche aus der Schweiz gebracht und mir gegeben hätte. Es war freilich Plan und Verabredung, das in diesem Fache Nothwendige von Europa kommen zu lassen; allein dazu kam es nicht, und ich mußte mir ohne die nöthigen Lehrmittel zu helfen suchen. So steht es mit der Schule in Ybicaba, welche Kolonie in dieser Hinsicht von keiner andern übertroffen wird; auf einer zweiten ist auch etwas Schule gehalten worden, auf den andern aber meines Wissens nicht.

Rücksichtlich der Gelegenheit zum Kirchenbesuch und zur Benützung der kirchlichen Anstalten besteht ein Unterschied zwischen den katholischen und protestantischen Kolonisten. Jene können in den nächsten Städten, von denen die Kolonieen gewöhnlich ½–3½ Stunden entfernt sind, die Kirche besuchen und dort einer stillen Messe und rauschender Instrumental- (Feld-) musik beiwohnen, nach ihrem Ritus an der Verwaltung der Sakramente theilnehmen und, wenn sie es