Seite:Die Behandlung der Kolonisten in der Provinz St. Paulo in Brasilien und deren Erhebung gegen ihre Bedrucker.pdf/59

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Pflanzland in Ordnung hatten und sich für einige Tage ohne Arbeit befanden, wollten bei dem Eigenthümer eines nahe liegenden Sitiens (Landsitzes) Arbeit nehmen und sich Verdienst verschaffen. Allein dieses gewiß zu billigende Vorhaben wurde ihnen rundwegs verboten. Auf dieser Kolonie wollte man es einem Vater auch nicht mehr erlauben, seine anderswo verheirathete Tochter zu besuchen, und einer Frau, die von dieser Kolonie zu mir kommen wollte, um mich in Betreff ihrer familiären Verhältnisse zu berathen, hat der Direktor mit Erschießung gedroht, wenn sie gehe. Von der Kolonie Angelica wurde mir Folgendes erzählt: Ein dortiger Kolonist schlachtete einmal nach dem Wunsche der übrigen Kolonisten eine Kuh, wog das Fleisch an diese zu 80 Reis (zirka 22½ Rp.) aus und war willens, von nun an dann und wann ein Stück Rindvieh zu schlachten, damit die Leute auf jener Kolonie doch alle 1 oder 2 Wochen einige Pfund Fleisch, dieses besten und zugleich wohlfeilsten Nahrungsmittels, bekommen könnten, ohne solches 3½ Stunden weit herholen zu müssen. Da er aber das Fleisch nicht zu 60 Reis verkaufen wollte, wie es damals in Ybicaba noch ging (es stieg aber auch dort bald auf 80 Reis), so wurde ihm das Schlachten verboten, wiewohl die Kolonisten gerne Fleisch zu 80 Reis gekauft hätten. Oft wäre es der Fall, daß Handwerksleute, z. B. Schmiede, Zimmerleute, Schreiner, Schuhmacher, Schneider, durch die Betreibung ihres Berufes mehr verdienen könnten, als sie es als Kolonisten können. Allein wenn der Herr der Kolonie sie nicht selber als Handwerker für sich braucht, so dürfen sie ihrem Geschäfte nur so weit obliegen, als ihnen die ordentliche Behandlung ihres Kaffee’s Zeit läßt. Wahrscheinlich mehr in Ausübung volliger Willkür, als in Vollziehung bestehender Gesetze, soll es, wie ich von Mehrern einstimmig des Bestimmtesten versichert wurde, vorgekommen sein, daß Kolonisten nur aus Befehl ihres Herrn oder ihres Direktors, ohne gerichtliche Untersuchung und Verurtheilung, in das Gefängnis derjenigen Stadt, wohin die Kolonie politisch gehört, eingesteckt und sogar mit