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welcher sein Freund und Meister wurde. Er ist glänzend und kräftig im Colorit, humoristisch in derber Auffassung des Lebens und seiner komischen Contraste, aber ohne idealen Sinn für edle Formen, selbst da, wo er Bilder für den kirchlichen Cultus malen mußte. Das niederländische Volksleben im Tafelgenuß bei erhöhter Stimmung der Gemüther durch Speise und Wein fand in ihm seinen lachendsten Darsteller.

Wie die Alten sungen, so pfeifen die Jungen.

Es ist das niederländische Leben in der Fülle bei der Tafel mit funkelnden Kannen und leuchtenden, weinglühenden Gesichtern. Reiche, vollgestopfte Leute gehaben sich in wohlgenährtem Zusammensein. Auf der Stuhllehne über der dicken Frau mit dem fetten Kinde sitzt ein im Uebermuthe der Ueberfütterung verdrießlicher Papagei; darüber steht eine blühende Harlemer Tulpe in einem Blumenglase, und dabei als Contrast ein Todtenkopf auf einem Predigtbuche; denn das Leben reicher Handelsleute bedarf eines äußerlichen poetischen Gegensatzes, welcher, gegenüber der Fülle des vegetirenden Daseins, nur der Gedanke an den Tod und an den Pastor bei der Hauptkirche sein kann. Hier hält die weidliche Familie singend Privatkirche, während die backenquellenden Jungen dazu die Melodie blasen. Doch hat auch dieses Leben des materiellen

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Julius Mosen: Die Dresdener Gemälde-Galerie. Arnoldische Buchhandlung, Dresden und Leipzig 1844, Seite 97. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Dresdener_Gem%C3%A4lde-Galerie_(Mosen).pdf/107&oldid=- (Version vom 31.7.2018)