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ist ein hageres, spanisches Gesicht voll unendlicher Schwärmerei. Auf der rechten vorgedrängten Schulter liegt der verhöhnende Rohrstab, der Heiland blickt mit seinen großen, halb von den Lidern verhüllten Schmerzensaugen nieder. Thränen stürzen daraus hervor, Blutstropfen rinnen von der Stirne, von welcher der Dornenkranz abgenommen ist. Seine dunkelblonden Haare fallen reich auf die linke Schulter. Der Mund ist zum Stöhnen geöffnet, das Haupt sinkt schwer zur Seite hinüber, um den Hals liegt wie zum Schmucke ein rohgedrehter Strick. So ist dieses Bild aus der glühenden Andacht einer spanischen Künstlerseele herausgeschaffen! Ein fremdes Klima, ein wildfremder Geist blickt uns daraus an. Es ist der spanische Fanatismus, wie ihn auch

Francisco Zurbaran,

welcher zur Schule von Sevilla gehört und von 1598 bis 1662 lebte, zur Darstellung gebracht hat in dem Bilde:

Die büßende Magdalena.

Magdalena sitzt in einer Wüste unter einem knorrigen Olivenbaum, dessen Aeste abgehauen sind, bei einem Todtenkopfe. Das Haupt mit aufgelösten Haaren ist zurückgebeugt, während sie krampfhaft die verschlungenen Hände um das angezogene Knie geklammert hat, als müsse sie sich in ihrem Schmerze an

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Julius Mosen: Die Dresdener Gemälde-Galerie. Arnoldische Buchhandlung, Dresden und Leipzig 1844, Seite 113. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Dresdener_Gem%C3%A4lde-Galerie_(Mosen).pdf/123&oldid=- (Version vom 31.7.2018)