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gab ihr das schöne Leben Venedigs zum alleinigen Inhalt, für welchen der junge Genius zugleich die Vollendung der angemessensten Form in höchster Meisterschaft fand.

Wie das politische Leben der Republik Venedig kühn, mit einem morgenländischen, phantastischen Anstrich und doch in strenger Zucht eiserner Herrscherkraft, so ist das Leben, welches sich in seinen Gemälden ausspricht, in strenggebändigter Leidenschaft glühend und phantastisch in venetianischer Pracht. Besonders großartig tritt dieses Element in seinen Portraits hervor, aus welchen eine tiefe, doch gebändigte Gluth der Leidenschaft uns anleuchtet.

Seine Bilder sind äußerst selten. Von der ersteren Seite des von ihm vorgezeichneten Kunststrebens, der Auffassung des großstädtischen Lebens der Handelsrepublik in novellistischen Scenen und Charakterbildern, oder mittelbar unter der Maske heiliger Geschichten und Legenden, besitzt die Dresdener Galerie kein Bild, dagegen aus dem idyllischen Traum- und Liebesleben eines der vorzüglichsten, welches den Namen:

Jacob und Rahel

führt.

Ein junger Hirt begegnet seiner Geliebten bei der Tränke mit dem werbenden Liebeskusse in einem Thale, dessen Aussicht von Bergen umschlossen ist. Es ist belebt von Schaf- und Rinderheerden, die durcheinander weiden.

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Julius Mosen: Die Dresdener Gemälde-Galerie. Arnoldische Buchhandlung, Dresden und Leipzig 1844, Seite 48. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Dresdener_Gem%C3%A4lde-Galerie_(Mosen).pdf/58&oldid=- (Version vom 31.7.2018)