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Blick in sein zurückzuckendes Gesicht und der herbe Mund gibt ihm die Antwort.

Bewegt sich Guido in diesen Bildern innerhalb des Kreises der gebildeten, feinen Welt und ihrer abgeblaßten, wenn auch zarten Empfindungen, so hat ihn doch hier in einem Bilde die Poesie des Schmerzes so gewaltig erfaßt, daß er sich darin als ursprüngliches Genie vor uns stellt, welches den Todesschrei Italiens plastisch in Linien und Farben vor das Auge zu stellen gewußt hat:

Das Haupt des sterbenden Christus.

Welche Zeichnung! Welcher Ausdruck! Das Haupt sinkt schwer hinüber auf die rechte Schulter, so daß die fürchterliche Dornenkrone mächtig hervortritt. Der Mund ist schmerzensvoll geöffnet, die Pupille des Auges aufwärts zurückgedrängt, als suche es einen rettenden Gott im Himmel. Blutträufend quellen die Locken über die Schulter. Grünliche Todesschauer schleichen von der Herzseite herauf und gießen sich über das erstarrende Antlitz.

Vermochte Guido nicht, das glühende Leben zu malen, so konnte er doch um so mehr das Erstarren im Tode darstellen.

Denselben tiefen Zug seiner Zeit bringt in anderer Weise

Marco Antonio Franceschini

in seinem Bilde

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Julius Mosen: Die Dresdener Gemälde-Galerie. Arnoldische Buchhandlung, Dresden und Leipzig 1844, Seite 69. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Dresdener_Gem%C3%A4lde-Galerie_(Mosen).pdf/79&oldid=- (Version vom 31.7.2018)