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Schooß gelegt. Ihr Amorette hat sich flämisch auf ihren Schooß gelagert und seine diebischen Hände unter ihr Uebergewand verborgen. Der Katalog meint, der Schelm solle hier bestraft werden. Darnach sieht es aber nicht aus. Er macht es sich nur bequem und benimmt sich unanständig gegen die Generalissima der spröden Damen, gegen die himmelblaue, blonde Adelheid, welche mit einem Grashalmenbündelchen den Amoretten von seinem weichen Lager aufscheuchen will. Sollte er bestraft werden, wer hält den Flüchtling? Hinter Ulriken sitzt die gar zu wohlbeleibte, aber äußerst empfindsame Amalia, auf ihrem Arme das Lieblingshündchen. Sie ist musikalisch. Ihr Amorette schwebt neben ihrem Schooßhündchen und begleitet mit Gesang aus einem großen Notenbuche das Zitherspiel ihres Anbeters, welcher ihr ein Ständchen bringt:

„Liebchen, ich komm’ mit der Zither,
Bringe dir ein Ständchen hier;
Ach in Sturm und Ungewitter
Stürmt noch mehr mein Herz zu dir!“

Schmachtend neigt sich ihr Kopf, die Augen gehen ihr darin herum, und ihr Busen wogt der Unendlichkeit entgegen. Lassen wir ihren Amor walten und wenden wir uns wieder zur Generalissima der Spröden. Ihre Nachbarin links ist Kunigunde, Geborene von Tröstemann. Sie ist eine heimlichglühende Kohle in rothem Unterkleide und dunkelschwarzem Obergewande. Diese Festung ist schwach vertheidigt; Amor giebt sich auch keine Mühe mit ihr, er hat sie einem

Empfohlene Zitierweise:
Julius Mosen: Die Dresdener Gemälde-Galerie. Arnoldische Buchhandlung, Dresden und Leipzig 1844, Seite 83. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Dresdener_Gem%C3%A4lde-Galerie_(Mosen).pdf/93&oldid=- (Version vom 31.7.2018)