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häufig erreicht sie sogar die Hälfte des Gesamtertrages. In Frankreich führt die Landwirtschaft 44 Prozent ihres Gesamtertrages an den Staat ab.

Und noch mehr. Der Teil des Eigentümers und des Staats ist immer im Wachsen begriffen. Sobald einmal der Landwirt durch wahre Wunder an Arbeit, Erfindungsgeist und Unternehmungstrieb größere Ernten erzielt hat, so erhöht sich auch sofort dementsprechend der Tribut, den er an den Staat, den Eigentümer und den Bankier abzuführen hat. Wenn sich die Zahl der geernteten Hektoliter pro Hektar verdoppelt, so wird sich auch die Pacht verdoppeln, und folglich auch die Steuern, die sich der Staat zu steigern beeilen wird, solange noch die Preise im Steigen begriffen sind. Und so geht es immer fort. Kurz, überall arbeitet der Landwirt 10 bis 16 Stunden täglich, und überall rauben ihm diese drei Geier alles, was er beiseite legen könnte; überall entblößen sie ihn dessen, was mittelbar zur Verbesserung seines Bodens dienen könnte. Das sind die Ursachen, weswegen die Landwirtschaft sich im Durchschnitt auf einem so niedrigen Niveau befindet.

Nur unter ganz ausnahmsweisen Bedingungen, etwa durch einen Streit der drei Blutsauger untereinander, oder durch hervorragende Anstrengungen der Intelligenz, durch eine außerordentliche Arbeitsamkeit gelingt es der Landwirtschaft, einen Schritt vorwärts zu machen. Wir haben dabei noch nicht einmal von dem Tribut gesprochen, den jeder Landwirt an den Industriellen zahlt. Jede Maschine, jeder Spaten, jede Tonne künstlichen Düngers wird zu einem drei- oder viermal so hohen Preis verkauft, als deren Herstellungskosten betragen. Vergessen wir auch nicht den Zwischenhändler, welcher den Löwenanteil an den Bodenprodukten schluckt.

Das alles sind die Gründe, weshalb in diesem Zeitalter der Erfindungen und des Fortschritts die Landwirtschaft nur in vereinzelten Gegenden, fast nur zufällig und ganz schrittweise Fortschritte machen konnte.

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Glücklicherweise hat es immer kleine Landesteile gegeben, die einige Zeit von den drei Geiern übersehen wurden, und dort können wir lernen, was die intensive Landwirtschaft leisten könnte. Geben wir einige Beispiele.

In den Prairien Amerikas (die übrigens nur schwache Ernten von 7 bis 12 Hektoliter pro Hektar ergaben; und lange Perioden von Trockenheit schaden hier noch sehr häufig den Ernten) produzierten 500 Menschen den jährlichen Bedarf für 50 000 Personen. Dieses Resultat wird durch eine sehr starke Arbeitsersparnis erzielt. Auf diesen weiten Ebenen, die das Auge nicht umfassen kann, sind die Bestellung, die Ernte und das Dreschen fast militärisch organisiert; kein unnützes Kommen und Gehen gibt es da, keine Zeitverluste. Alles vollzieht sich mit der Exaktheit einer Parade.

Es ist die große Landwirtschaft, die extensive Landwirtschaft, jene, welche den Boden hinnimmt, wie sie ihn aus den Händen der Natur empfängt, und welche ihn nicht zu verbessern sucht. Wenn die Kraft

Empfohlene Zitierweise:
Pjotr Alexejewitsch Kropotkin, Bernhard Kampffmeyer (Übersetzer): Die Eroberung des Brotes. Der Syndikalist, Berlin 1919, Seite 161. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Eroberung_des_Brotes.pdf/177&oldid=- (Version vom 21.5.2018)