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Verschiedene: Die Gartenlaube (1858)

Graf Szapary der Pflüger.
Von Ludw. Storch.


 Die Schmach.
 (1682.)

Du schönes stolzes Ungarland,
Mit Wein gesegnet, Wald und Saaten,
Donaudurchfluthet und umspannt
Vom weiten Halbkreis der Karpathen,

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Wie reich Du auch an Helden warst,

Von Allen, die Du einst gebarst
Und zu des Ruhmes Glanz erhoben,
Strahlt Einer vor im reinsten Licht.
Dem Kranz, den ihm der Dichter flicht,

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Hat still ein Stern sich eingewoben.


Ganz Ungarn stöhnt in Band und Haft
Der übermüthigen Osmanen;
Vergeudet ward des Landes Kraft,
Zerbrochen hingen seine Fahnen.

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So schwer der Türken Säbel lag,

Noch schwerer lastete die Schmach
Der Knechtschaft auf den Magyaren.
Da mußte manches edle Blut
Mit hohem Sinn und Heldenmuth

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Ein schlimmes Sclavenjoch erfahren.


Graf Szapary, an Tugend groß,
Des Feindes Uebermacht erlegen,
Erduldet doch das schlimmste Loos.
Er ziehet unter grimmen Schlägen

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Der Ackerfurche neuen Weg

Am schweren Pflug des Hamsabeg
Zusammen mit des Fürsten Pferde.
Mit seinem Blute, seinem Schweiß,
Doch nie mit einer Thräne heiß,

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Tränkt er die vaterländ’sche Erde.


Eh’ noch die Sonne ihre Bahn
Am Morgenhimmel hat begonnen,
Hat schon der tückische Osman
Dem Ritter neuen Schimpf ersonnen.

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Mit Stier und Esel angeschirrt,

Von scharfem Peitschenstrang umschwirrt,
Verhöhnt, gestoßen und getreten,
Vor Durst und Hunger krank, der Held
Pflügt ohne Murren so das Feld

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Des argen Jüngers des Propheten.


Der Türke wähnt den hohen Mann
Mit ausgesuchter Qual zu beugen,
Was Bosheit Scheußliches ersann,
Der Held erträgt’s mit stolzem Schweigen.

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Trifft ihn des Hamsa Hieb und Spott,

So denkt er still: Mein Herr und Gott
Warb auch verspottet und geschlagen
Und zürnte seinen Quälern nicht
Und hat mit heiterm Angesicht

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Die Dornenkrone still getragen.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1858). Leipzig: Ernst Keil, 1858, Seite 752. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1858)_752.jpg&oldid=- (Version vom 24.2.2018)