verschiedene: Die Gartenlaube (1861) | |
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beim Abendessen. Es mochte halb elf Uhr sein, als es plötzlich hell in der Stube wurde. Sogleich lief ich auf die Straße und sah, wie sich das Feuer vom Lehnschulzenhofe her mit großer Schnelligkeit nach meinem Hofe zu ausdehnte. Schon brannten die Gebäude meines Nachbars. Ich rief den Meinigen zu, das Vieh zu retten, und lief nach dem Schafstall; aber die Schafe wollten den Stall nicht verlassen. In der Angst versuchte ich eins nach dem andern über die Thürschwelle zu schaffen; über mir hörte ich das Strohdach schon brennen, und kaum war es mir gelungen, einige Schafe hinauszuschieben. Ich fühlte, die Thiere würden verbrennen müssen, und schrie laut: „Gott, mein Gott, hilf mir!“ Da war es mir, als ob etwas neben mir vorbei in den Stall sprang. Gleich darauf hörte ich das heisere, wüthende Gebell meines Hundes hinter den Schafen, und im Augenblick waren alle auf dem Hofe. Die Thiere hatten mich umgestoßen. Schon brannte das aus dem Hofe liegende Stroh. Der Hund trieb oder jagte vielmehr die Schafe über die Straße den Berg hinauf. Die Meinigen liefen mit einigen Sachen nach dem Seeufer. Ich wollte nach dem Kuhstall, aber das brennende Stroh versperrte mir den Weg. Jetzt suchte ich mich selbst zu retten, es war die höchste Zeit; da sah ich mein Rindvieh durch das brennende Stroh laufen, getrieben, gebissen von dem Hunde. Am Seeufer kam mir meine Frau entgegen. „Schafe und Kühe sind gerettet!“ rief ich ihr zu, „aber wo sind die Pferde?“ Sie standen am See, neben ihnen der Knecht. Jetzt fehlten noch die Schweine, sie mußten verbrennen, denn alle Gebäude standen in Flammen und verbreiteten eine furchtbare Hitze. Plötzlich hören wir das Schreien der Schweine, es kommt näher. Die Schweine werden zwischen den brennenden Bäumen des Gartens sichtbar, hinter ihnen der Hund. Er jagt sie in’s Wasser und springt ihnen nach. Eine Viertelstunde später fand ich dort auf dem Berge all mein Vieh in einen Haufen zusammengedrängt, umkreist von meinem Hunde.
Ich habe weder Betten noch Kleider, überhaupt nichts, als was ich auf dem Leibe trage, aus dem Hause gerettet, meine Gebäude sind auch schlecht versichert, aber ich habe mein Vieh, und der liebe Gott wird weiter helfen.“
So erzählte der Mann und liebkoste dabei einen grauhaarigen, zottigen Hund, der aber kluge Augen und scharfes Gebiß hatte. „Dies ist mein Retter!“ fügte Meier noch hinzu, „und so lange ich lebe, will ich ihn halten wie meinen treuesten Freund.“
Auf meine Frage, wer die Thüren des Kuhstalles und des Schweinestalls geöffnet habe, erfuhr ich, daß die Frau die Kühe von den Ketten gelöset, vergebens aber das Vieh aus dem Stall zu bringen versucht hatte.
Aehnlich war es der Dienstmagd mit den Schweinen ergangen; sie hatte die Thür des Stalles geöffnet und einzelne Schweine hinausgebracht, aber mit Gewalt waren sie immer wieder in den Stall zurückgekehrt.
Ein unabhängiges Organ der Herzogthümer. Ein Schiffscapitain,
welcher nach fünfjähriger Abwesenheit wieder nach Schleswig kam,
gestand, daß er sich in seiner Heimath jetzt wir im Zuchthaus fühle,
so drückend ist die dortige Polizeiwirthschaft. Unsere Leser haben in einer
der letzten Nummern der Gartenlaube einen Einblick in diese Zustände
nationaler und menschlicher Entwürdigung gethan. Daß die eiserne Zuchtruthe
Dänemarks mit besonderem Wohlbehagen über der Presse geschwungen
wird, ist natürlich, und doch ist das öffentliche Wort noch der einzige
Schutz des verrathenen und verlassenen Volks von Schleswig. Ein
unabhängiges Organ ist für beide Herzogthümer, besonders aber für Schleswig,
jetzt, wo man aus Deutschland doch keinerlei Hülfe zu erwarten hat,
die erste Nothwendigkeit: 1) weil keine einzige dänische Unbill fortan unregistrirt
und ungerügt vorübergehen darf; – 2) weil nur dadurch und
durch männliche Zusprache Kopf und Herz des bedrängten Volks oben
erhalten werden kann; – 3) weil es unerläßlich ist, daß man in Deutschland
nur verbürgte Nachrichten aus den Herzogthümern erhalte, für die
ein solches Organ die lautere Quelle sein muß; – 4) weil das deutsche
Volk selbst in seiner Liebe zu dem oft besungenen meerumschlungenen Lande
durch die Stimme von dorther fortwährend warm erhalten werden muß;
– 5) weil die falschen Ansichten, welche über die Beziehungen zwischen
Dänemark und den Herzogthümern in den für solche deutsche Verhältnisse
maßgebenden Kreisen den Auslands, wie in Paris und London, vorherrschen,
gründlich nur durch ein Blatt gesäubert werden können, das ausschließlich
den Interessen der Herzogthümer dient. Eine solche Zeitung ist
begründet: seit einem Vierteljahre erscheint ein „Norddeutscher Grenzbote.
Politische Wochenschrift“ (gedruckt, verlegt und redigirt unter
der Verantwortlichkeit von Ackermann und Wulff in Hamburg).
Niemand wird bezweifeln, daß ein sehr ehrenwerther Opfermuth dazu gehört, in einem Lande von offen zur Schau gestellter Rechtlosigkeit Capital, Arbeit und persönliche Sicherheit zu wagen, und um so mehr müßte man erwarten, daß wenigstens die freisinnigere deutsche Presse ein solches Unternehmen nach Möglichkeit unterstützen würde. Die Nummer 20 des Blattes wirft jedoch ein unerfreuliches Licht auf die traurigen Erfahrungen, die dasselbe in Deutschland gemacht, und daß namentlich die Wochenschrift des Nationalvereins unter diese Beleuchtung fallen muß, ist ebenso zu beklagen, als die Theilnahmlosigkeit, durch welche „diejenigen Männer, die aus dem Elende hier in den Herzogthümern heraus dort (in deutschen Staaten) vortreffliche Stellungen wiedergefunden,“ sich ausgezeichnet haben. – Bereits ist der Norddeutsche Grenzbote in Schleswig verboten, ein Zeichen, daß er redlich seine Pflicht gethan; soll das Blatt den dänischen Verfolgungen nicht erliegen, so darf der deutsche Patriotismus es nicht sich selbst überlassen. Abonniren ist besser, als bemitleiden. Wir empfehlen unseren Lesern dieses unabhängige Organ der Herzogthümer.
Hoff’scher (sic!) Malz-Extract; vis cerevisia (sic!). – Ueber
dieses neueste Product afterärztlicher Industrie ist den Lesern der Gartenlaube
ein unbestochenes ärztlichen Urtheil vielleicht willkommen. Schon die eben
angedeuteten Fehler der Aufschrift, im genus (Extract ist Neutrum) und in
der Declination (es muß heißen cerevisiae) verrathen die Hand des Pfuschers.
Ref. hat das Gebräu natürlich selbst gekostet und darin ein sehr
dunkeles, dickliches, stark schäumendes, bitter-süßlich schmeckendes, bald nachher
aufblähendes Getränk erkannt, welches von Seiten des Geschmackes
unter den Frauen und auch unter Männern, die das Weichliche lieben,
manchen Liebhaber finden mag. Ref. selbst zieht das gewöhnliche Hausbier
bei weitem, vor und ist der Ansicht, daß das Hoff’sche Fabricat vor diesem
nur den außergewöhnlich hohen Preis (eine kleine Flasche = 5 Sgr.)
voraus hat. Auch in gesundheitlicher Beziehung wird durch das Bier,
welches wir uns durch Verdünnen mit Wasser und nochmaliges Gähren in
Flaschen selbst herstellen, ganz dasselbe erreicht; aber auch den Hoff’schen
Wundertrank kann sich jeder selbst bereiten: die „Pharmaceutische Centralhalle“
constatirt, daß derselbe in Wirklichkeit kein Malz-Extract sei, sondern
nur dunkles Braunbier mit einem Aufguß von Dreiblatt und Faulbaumrinde.
Die chemische Analyse ergab unter 100 Theilen 3 Theile Weingeist,
beinahe 92 Theile Wasser, fast ein Theil eines bittern Extracts mit der
Farbe von Faulbaumrinde und 41/2 Theile Malzpulver, Malzgummi. „Wenn
man“ – heißt es daselbst – „1 Loth Faulbaumrinde und 2 Quäntchen Dreiblatt
durch 1/4 Quart Braunbier ausziehen läßt, und nachher 3/4 Quart
Bier zugießt, so hat man dasselbe für 21/2 Sgr., was als Geheimmittel
221/2 Sgr. kostet.“ Es braucht kaum bemerkt zu werden, daß jene lobenden
Atteste und selbst jene Audienzen des „menschenfreundlichen“ Erfinders
bei Kaisern und Königen das schlichte Urtheil nicht beirren können; in
medicinischen Dingen sind gekrönte Häupter ebenfalls nur schwache Menschenkinder! –
Die obige wie die früheren Kritiken der Art haben nur den Zweck, das Urtheil, welches sich der gesunde Menschenverstand eines jeden Unbefangenen über solche Reclame Artikel von vornherein selbst gebildet hat, in sachlichem Sinne zu substantiiren. Die Erklärungen, mit welchen zuweilen Seitens der Betroffenen geantwortet wird, können so lange nicht berücksichtigt werden, als sie, anstatt durch Thatsachen und wissenschaftliche Gründe zu widerlegen, uns blos zu überschreien suchen, welcher Triumph ihnen gern belassen wird. Bezüglich der sogenannten haartreibenden Mittel z. B. steht es ein für alle Male wissenschaftlich fest, – sie mögen nun diesen oder jenen Stoff enthalten oder nicht, – daß sie auf den Haarwuchs keinen Einfluß üben. Ist die Drüse, in welcher jedes einzelne Haar keimt, noch erhalten, so wachsen sie ganz von selbst wieder; ist aber diese Drüse geschwunden – wie meist bei den sogenannten „Platten“, – so bleibt der Kopf kahl trotz aller Geheimmittel! –
F. S. Z. in L. Sie fordern, daß die deutsche Presse sich der deutschen Nationalität in Böhmen gegen die czechischen Unterdrückungsmaßregeln annehme, und deuten auf Schleswig-Holstein hin, für das man unermüdlich Lanzen breche. – Der Deutsche sollte allerdings nicht erst fragen: unter welchen Umständen wird eine Unterdrückung seiner Sprachgenossen versucht? Im vorliegenden Fall ist jedoch diese Frage und ihre Antwort unerläßlich. In Schleswig geschieht die Unterdrückung durch eine fremde Macht, um das Land für immer von Deutschland loszureißen. In Böhmen geschieht sie in einem deutschen Bundesland und unter einem deutschen Fürsten durch eine Partei. Dort wird die Vertheidigung der eigenen Nationalität von der fremden Gewalt als ein Verbrechen gestraft, hier ist sie Recht und Pflicht zugleich und kann keinem Strafgesetz verfallen. Hier heißt es vor Allem: selbst ist der Mann! Partei gegen Partei! Zeigen Sie in Böhmen die Energie und Zähigkeit des Widerstandes gegen die fremde Anmaßung, wie man sie in Schleswig bewährt hat, so werden Sie den durch die deutsche Cultur zurückeroberten Boden behaupten „Schmerzensschreie“ sind da nicht nöthig, wo eine Nationalität eine solche numerische und industrielle Macht besitzt, wie die Deutschen in Böhmen. Nur männliches Aufraffen und Rühren der vorhandenen Kräfte, das hilft! Uebrigens legen Sie dieser czechischen Bewegung größere Wichtigkeit bei, als sie hat. Die jetzige Uebertreibung der Ansprüche dieses Slavenbruchtheils ist nur der Rückschlag von der ehemaligen k. k. Uebertreibung in der beamtlichen Germanisirungsmanier. Mächtiger, als diese Volksliebe zu einer selbstständigen Eigenthümlichkeit, ist das Bedürfniß, das der große Verkehr dictirt. Wollen die Herren Czechen sich nicht von allem Culturfortschritt abschließen, so müssen sie mit den großen Nationen, die allein die Träger der Cultur sind, in Verbindung bleiben. Da nun das Czechische ringsum vom Deutschen umschlossen ist, so kann es auch keinen andern Culturhalt haben, als die deutsche Nation ihm bietet. Böhmen ist mit Leib und Leben so von Deutschland abhängig und vom deutschen Geist durchzogen, daß eine Vernichtung des deutschen Wesens in diesem Lande nunmehr zu den Unmöglichkeiten gehört, wenn nicht die Deutschen selbst czechisch werden wollen.
L. in B. Von Otto Ruppius sind im Laufe der letzten Jahre (bei F. Duncker in B.) noch erschienen:
Der Pedlar, Roman aus dem amerikanischen Leben.
Das Vermächtniß des Pedlars.
Geld und Geist.
Der Prairieteufel.
Genrebilder aus dem amerikanischen Leben.
Ruppius behandelt in diesen Romanen, welche meist nur 12 oder 16 Sgr. kosten, die Erlebnisse von Deutschen in verschiedenen Schichten der amerikanischen Gesellschaft und giebt ein getreues Bild der darin herrschenden Anschauungen.
verschiedene: Die Gartenlaube (1861). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1861, Seite 784. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1861)_784.jpg&oldid=- (Version vom 18.5.2023)