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verschiedene: Die Gartenlaube (1862)

die Lehrzeit um war. Gleich den ersten Gesellenlohn verwendete er zum Ankauf eines Aquarellkastens sammt Tusche und Pinseln und fing nun an, des Sonntags zu zeichnen und zu malen. Er copirte Alles, was er bekommen konnte, und freute sich von einem Sonntag zum andern auf seine Lieblingsbeschäftigung.

Ein Uebelstand, der ihm viel Kummer machte, war der, daß seine Mitgesellen seine Arbeiten zwar bewunderten, aber durch das fortwährende Angreifen mit den niemals reinen Fingern sehr beschmutzten. Es mußte also auf ein Material gedacht werden, welches sich waschen ließ. Ein neben ihm wohnender Anstreicher besorgte ihm nun Oelfarben, und das erste Bild, welches Hubert malte, stellte den Räuberhauptmann Rinaldo vor, schrecklich blutdürstig anzusehen. Da er aber zu viel Oel in die, Farben genommen, so waren dem Räuber, als er kaum eine Stunde an der Wand gehangen, die Augen bis auf die Schuhe herunter gelaufen. Allmählich ging es jedoch besser, und Hubert fing schon an, den Meister und die Gesellen zu portraitiren, und es gab immer ein fürchterlich Halloh, wenn das Bildniß ähnlich befunden wurde. So waren ihm sieben Jahre glücklich verflossen, als im Jahre 1846 in seiner Vaterstadt ein Schmiedemeister starb; die Mutter kaufte dessen hinterlassenes Werkzeug, und nun ward Hubert Salentin wohlbestallter Meister des Handwerks in Zülpich.

Das heitere Temperament des jungen Schmiedemeisters verschaffte ihm überall viele Freunde, und das Geschäft blühte bald ganz erfreulich. Salentin konnte jetzt mehr über seine Zeit verfügen und benutzte die freien Stunden ausschließlich zur Malerei.

Ein glücklicher Zufall wollte, daß einmal ein Düsseldorfer Maler E. Stammel, nach Zülpich kam. Salentin erfuhr dies, machte sich sogleich, nicht ohne Herzklopfen, an ihn und lud ihn ein, seine Arbeiten zu sehen. Allerdings kamen sie diesem höchst curios vor, aber er lobte sie dennoch sehr und schrieb zugleich dem Hubert die richtigen Malerfarben und Pinsel auf. Nun fing eine neue Aera für unsern Künstler an. Das war ein ganz anderes Material, damit ließ sich etwas machen! – Unterdessen waren seine Kunstleistungen in der ganzen Umgegend bekannt geworden, die Bauern bestellten bei ihm nun Kirchenfahnen und dergleichen, und er malte das Alles, wie er selbst sagt, schauderhaft schön. Niemand freute sich darüber mehr, als die Mutter. Nicht wenig hob und förderte ihn auch der Umgang mit dem jetzigen Sanitätsrath und königl. Brunnenarzte L. Alfter, der ihm bildende Bücher und besonders anatomische Werke mittheilte, und mit der liebenswürdigen Familie desselben.

Was war aber natürlicher, als daß nun doch einmal die ganze Schmiederei dem Salentin zuwider werden mußte? So geschah es auch, und so entschloß er sich endlich, sie aufzugeben und sich ganz auf das Portraitmalen zu legen. Eines frühen Morgens wurde der Ranzen gepackt, und Salentin zog zum zweiten Male gen Köln.

Salentin schlug sein Atelier in einem sehr bescheidenen Wirthshause auf. Trotz aller Anstrengung wollte sich jedoch anfangs Niemand finden, der sich malen ließ. Endlich machte er den Anfang mit seinem Wirth, der einen Buckel hatte und den er ohne Buckel dennoch ganz ähnlich darstellte. Dieses ermunternde Beispiel zog an, es kamen nun Soldaten an die Reihe, namentlich Hautboisten, dann stellten sich auch Bürgersleute und dergleichen ein, bis sich zuletzt Salentin’s Bekanntschaft so weit ausdehnte, daß er vollauf zu thun hatte und reichlich Geld verdiente. Niemand war nun glücklicher als er, und zugleich benutzte er die damals in Köln unter Ramboux’s Leitung bestehende Kunstschule, in welcher nach der Natur und der Antike gezeichnet wurde. Es kam auch die alljährliche Ausstellung, und auf dieser sah Salentin zum ersten Male die neuen Schöpfungen großer deutscher Meister. Da war’s mit seiner bisherigen Zufriedenheit vorbei. Nichts konnte ihn abhalten, sofort nach Düsseldorf zu gehen. Hier reichte er seine Zeichnungen bei der Akademie ein und wurde in den Antikensaal aufgenommen. So bezog Hubert im Herbste 1850, 28 Jahre alt, die Akademie. Unter Leitung Sohn’s und später Tidemann’s gingen die Studien rasch und mit Erfolg von statten, er kam sehr bald in die Malclasse und machte schon im nächsten Herbste eine Studienreise in den Schwarzwald, von wo er so schöne Studien mitbrachte, daß er nun unter Dir. Schadow’s Leitung ein eigenes Atelier bekam.

Sein erstes Bild, „der Freier“, wurde mit großem Beifalle aufgenommen; ebenso sein „Feuer-Ausbruch während des Gottesdienstes“, ein sehr lebendiges und figurenreiches Bild, sowie auch die anmuthige Darstellung des „Findelkinds“. Nicht weniger Freunde fanden „die Mutter mit dem blinden Knaben“, „die Rettung eines Kindes aus dem Brunnen“, „die Predigt des Eremiten“, „die Rückkehr von der Taufe“ und viele andere kleinere Arbeiten. Seine „Katechisation“ und unser „Kinderbrautzug“ gehörten zu den besten Genrebildern der zweiten deutschen Ausstellung in Köln. – Sein letztes größeres Bild, „die Dorfkirche“, wurde für die städtische Gallerie in Düsseldorf angekauft; es ist ein Bild voll Naturwahrheit und feiner Charakteristik, und ausgezeichnet durch all die Vorzüge der Arbeiten Salentin’s, die namentlich in der tiefen Empfindung, feinen Zeichnung und edlen Färbung demselben bestehen. Wenn wir auf Hubert Salentin’s Lebensgang zurückblicken, so wird Jedermann beistimmen, daß man mit Wahrheit von ihm sagen kann: „Er war seines Glückes Schmied!“




Ein Kämpfer für das Kaiserhaus.

Schluß

Zu Innsbruck angelangt, wollte sich Lefèbvre nach seiner schmählichen Flucht Ruhe verschaffen. Da kam es am 13. Aug. zu der Schlacht am Berg Isel. Während sich Speckbacher auf dem rechten Flügel unvergängliche Lorbeeren pflückte, führte Haspinger auf dem linken, der sich auf die Höhen ober der Gallwiese stützte, den Befehl. Es ward mit wechselndem Glücke gerungen, als eine frische Colonne Baiern heranzog, um den waldigen Abhang zu stürmen. Haspinger ließ den Fußsteig an geeigneter Stelle mit den über einander geworfenen Leichen der Gefallenen verbarricadiren und legte rechts und links die besten Schützen in den Hinterhalt. Im rechten Augenblicke gab er das Zeichen, die Tyroler erhoben sich vom Boden und warfen den Feind unter großen Verlust in die Tiefe hinab. Wir lesen in Haspinger’s Tagebuch: „Nun trat auf diesem Punkt einige Ruhe ein, welche die Schützen nach dieser grausamen Arbeitsstunde dahin benutzten, ihre durch Hitze und Pulverdampf erstarrten Zungen wieder etwas mit Wein oder Wasser zu laben, den ihnen patriotische Weiber bis auf ihre äußersten Vorwachen zutrugen.“ Auch der Feind rastete, von der Sonnengluth und der Anstrengung des Tages erschöpft. Gegen Abend führte Lefèbvre selbst ein Bataillon des Regiments Habermann zum Sturm, kehrte jedoch, als neben ihm zwei Officiere getroffen vom Pferd sanken, hastig wieder um. Sehr charakteristisch ist eine Episode dieses Kampfes. Der Kapuziner trug einen weißen Stecken, auf dessen Spitze das Bild des Ordensheiligen Antonius geschnitzt war. Er zeigte ihn den Tyrolern mit dem Ausrufe: „Der wird uns führen, der ist unser Commandant!“ Da schlug eine Kugel das geweihte Bild herab, schon stutzten die Schützen und wollten, diesen Zufall als böses Zeichen deutend, davonlaufen. Haspinger erkannte aber sogleich die üblen Folgen, besann sich nicht lange, sprang über einen Zaun, riß ein schweres Feldkreuz aus dem Boden und hielt es den Schützen vor mit den Worten: „Seht, nun ist der Größere unser Commandant! Mir nach, wer’s christlich meint.“ Unter schallendem Jubel drangen die Schützen vor und rollten die Baiern in wilder Flucht über den Berg hinab. Das einbrechende Dunkel der Nacht endete den Kampf, Lefèbvre entschloß sich knirschend zum Rückzug – vor der Canaille, welche er mit seinem Marschallsstab blutig zu züchtigen prahlte.

Die Tyroler verfolgten den Feind an den Flanken des Gebirges, auch hier würde diesem die Besetzung der Defiléen von Schwatz und Bomp mit ausreichender Mannschaft eine Katastrophe bereitet haben, aber auch hier fehlte es an Uebersicht und raschem Entschlusse. Ein großer Theil der Compagnien verlief in die Heimath, am schlechtesten hielten sich die Vinschgauer, welche bei jedem ernsten Gefecht, nach Hofer’s eigenem Zeugniß, durchbrannten; die Oberinnthaler, oder besser gesagt, eine kleine Zahl derselben, beschäftigten sich nicht ungern mit Raub und Plünderung, wobei besonders die Juden zu Innsbruck übel wegkamen. In dem Hause eines solchen hob ein Bauer, als es nichts mehr zu rauben gab, die schwere eiserne Thüre aus und trug sie viele Stunden weit als Beute auf dem Rücken über die Berge. Dort

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verschiedene: Die Gartenlaube (1862). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1862, Seite 310. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1862)_310.jpg&oldid=- (Version vom 4.8.2020)