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verschiedene: Die Gartenlaube (1862)

Die Veste Hohentwiel unter Wiederhold’s Vertheidigung.
Nach einem alten Originalbilde.

auf seiner Veste und wartete der Stunde, wo der letzte feindliche Soldat und der letzte Pfaffe aus dem Lande geschieden war. Da erst, am 4. Juli 1650, nach 10 Jahren fast unausgesetzten Kämpfens im Dienste der Treue, gab er das ihm vertraute Pfand zurück in die Hände seines Herrn. Thränen der Rührung im Auge zog Eberhard ein durch das Festungsthor von Hohentwiel, und tiefbewegt drückte er die Hand des Commandanten, während er mit gebrochener Stimme Worte des Dankes flüsterte.

Wiederhold starb, in Frieden wirkend, im 70. Jahre seines Lebens. Das Anerbieten des dankbaren Fürsten, ihn in den Grafenstand zu erheben, hatte er groß und bescheiden ausgeschlagen und statt dessen sich mit dem Amte eines Obervogts zu Kirchheim, mit der schönen Wirksamkeit eines Richters begnügt. Herzog Eberhard weinte heiße Zähren an dem Grabe des treuen Helden, das er mit einem Denkstein schmücken ließ.

Jahrhunderte waren darüber hinweggegangen, als sich (im Jahr 1834) ein neues Monument an der Stelle des alten erhob, das, ihm und seiner Gattin gewidmet, außer anderen auch die folgende Inschrift trägt:

„Der Commandant von Hohentwiel,
Fest wie sein Fels, der niemals fiel,
Des Fürsten Schild, des Feindes Tort,
Der Künste Freund, der Armen Hort,
Ein Bürger, Held und Christ, wie Gold:
So schlaft hier Conrad Wiederhold.“




Zwei Welten.

Von Otto Ruppius.
(Fortsetzung und Schluß )


Zedwitz blickte eine Weile starr nach der Thür, durch welche Römer verschwunden, dann lösten sich die verschlungenen Arme; wie von einer plötzlichen Mattigkeit überkommen schritt er nach dem nächsten Stuhle am Tische, setzte sich dort schwer nieder und ließ den Kopf in die aufgestützte Hand fallen. „Er wäre nicht gekommen, wenn er nicht sichere Nachricht hätte,“ Murmelte er nach einer Weile, „aber es wäre doch gräßlich, wenn es sich in dieser Nacktheit bestätigte – wie sollte ich jemals den Kindern dieses verspielte

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verschiedene: Die Gartenlaube (1862). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1862, Seite 572. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1862)_572.jpg&oldid=- (Version vom 12.12.2020)