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Verschiedene: Die Gartenlaube (1873)


Strömung in ruhigeres Wasser übergeht. Man fängt deshalb an diesen Stromschnellen, wenn die Schnur lang genug ist, um bis in das ruhigere Wasser zu laufen, sehr häufig anstatt der Lachsforelle die Aesche, die ein außerordentlich guter Beißer ist. Geht man blos auf Aeschen aus, was in der Regel sehr lohnend ist, so nimmt man seinen Standpunkt am untern Ende der Stromschnelle. Die Aesche liebt klares, kaltes, schattiges, ziemlich schnellfließendes Wasser mit kiesigem und sandigem Grunde, wächst schnell, wird bis zwei Fuß lang und einige Pfund schwer. Sie hat einen schwärzlich-grünen Rücken, an den Seiten etwas ins Blaue spielend; die Seiten und der Bauch sind glänzend weiß, mit großen harten Schuppen bedeckt. Die Flossen spielen etwas in’s Röthliche und die große nach hinten gebogene Rückenflosse ist schwarz und rothbraun gefleckt; der Schwanz ist gabelförmig und bunt gefleckt; sie hat einen stumpfen Kopf und einen langen, nicht sehr starken Leib. Ihr weißes, zartes und fettes Fleisch ist von feinem Geschmack, ohne Gräten, und wird von Vielen dem der Forelle vorgezogen.

Die Aesche laicht im April und Mai und beißt das ganze Jahr, auch im Winter; vom Juli ab ist sie am schmackhaftesten. Sie findet sich in allen Gewässern des Harzes und unserer andern heimatlichen Gebirge von da ab, wo diese Gewässer aus der reinen Steinregion heraustreten, z. B. in der Bode an der Roßtrappe vom Bodekessel, in der Oder am Südharz von der Mündung der Sperrlutter ab, die von Andreasberg herunter kömmt. In der Limmath bei Zürich wird sie in großen Mengen gefangen; auch in den Flüssen Baierns ist sie zu Hause.

Ich wende mich jetzt zur nothwendigsten Ausrüstung zum Angeln. Das zu der angegebenen Art des Angelns erforderliche Instrument ist die Klitsche, auch Klitsch- oder Wurfangel genannt. Sie ist von den vielerlei Arten von Angeln die gebräuchlichste und die meiste Unterhaltung gewährende. Dazu gehört zunächst der Angelstock, welcher ein Natur- oder Kunststock sein kann. Den ersteren schneidet man sich, wo Gelegenheit dazu ist, an Ort und Stelle und wählt dazu eine gerade gewachsene, möglichst leichte, dabei aber feste elastische Ruthe von neun bis zwölf Fuß Länge von Haselnuß, Hartriegel, Buche, Ahorn etc. Es ist jedoch immerhin schwer, gerade gewachsene Triebe oder junge Bäume von dieser Länge überhaupt und gerade am Orte des Gebrauches ausfindig zu machen; auch ist das weite Schleppen solcher Ruthen, wenn man sie von Hause mitbringt, umständlich und für Manchen genirend. Eine solche Angelruthe ist daher nur für den Nothfall in’s Auge zu fassen. Frisch geschnittene Ruthen ermüden wegen ihres Gewichtes außerdem bald den Arm.

Dagegen ist ein, auch als Spazierstock dienender, künstlicher Angelstock sehr zu empfehlen. Ein solcher Stock der billigsten Sorte besteht in der Regel aus Weberrohr oder Bambus, und zwar aus drei bis vier, auch noch mehr Theilen. Diese Theile stecken in einander, und wird der die übrigen enthaltende stärkste Theil oben durch einen Knopf und unten durch eine metallene Zwinge, welche auf- und abzuschrauben sind, geschlossen und hat eben ganz das Aussehen eines mehr oder weniger starken Spazierstockes. Bei dem Gebrauch werden Knopf und Zwinge abgeschraubt und in die Tasche gesteckt, die andern Theile am Knopfende herausgezogen und am Zwingenende einzeln, nach ihrer Stärke folgend, auf einander gesetzt. Zu diesem Zweck ist jeder Theil, mit Ausnahme des obersten, des Vorhauers, mit breiten messingenen Ringen an beiden Enden (der stärkste Theil nur am untern) versehen, die genau in einander passen und sehr fest zusammenstecken. Das schwächste Ende, der Vorhauer, ist eine dünne, aber außerordentlich zähe und elastische Ruthe von Hasel- oder Hickoryholz mit einer etwa einen Fuß langen Spitze von Fischbein, an deren Ende eine Oese zum Befestigen oder Durchziehen der Angelschnur angebracht ist. Das unterste genau in die Zwinge des vorletzten Theiles passende Ende des Vorhauers ist in der Regel ohne Ring. Das Auseinandernehmen des Stockes und die Wiedereinbringung in den stärksten Theil nebst Aufschraubung des Knopfes und der Fußzwinge und damit Wiederherstellung des Spazierstockes bedarf keiner Beschreibung.

Solche Stöcke sind in großer Auswahl von der Handlung J. E. R. Waitz in Hamburg, Gänsemarkt Nr. 48, zu beziehen und kosten, je nach der Güte des Materials und der Anzahl der Theile, laut Preisliste zwölf Groschen bis zwei Thaler vierundzwanzig Groschen. Man kann jedoch dort auch noch dauerhaftere von Hickoryholz oder chinesischem Rohr erhalten, die über zehn Thaler kosten.

Aber fast in allen größeren Städten Deutschlands sind jetzt dergleichen Stöcke und Fischereigeräthe der mannigfaltigsten Art zu haben. Von den mir bekannten Adressen führe ich noch an: Berlin: Kalli, Schloßfreiheit Nr. 1; Coblenz: Reischich am kleinen Paradeplatz, Schäfer auf der Firmungsstraße, Waitz auf der Marktstraße; Cöln: Käsen, Rheinstraße; Hannover: Hahne (die Straße ist mir entfallen).

In England und Amerika treibt man mit künstlichen Angelruthen einen großen Luxus. Dergleichen Stöcke, welche mit Rollen zum Verlängern und mit Ringen zum Ablaufen der Schnur versehen sind, kosten bis fünfundzwanzig Thaler; ja, ich traf im Bodethal einen Amerikaner, der einen Angelstock führte, an dem alle Beschläge von Silber und feinster Arbeit waren, der ihm nach seiner Versicherung achtzig Dollars kostete. Dieser Amerikaner theilte mir im Laufe unserer Unterhaltung mit, daß die Leidenschaft des Angelns „dort drüben“ bei Männern und Frauen in stetem Wachsen begriffen sei, und daß er mit seiner und noch vier anderen Familien, von New-York aus, alle Jahre einen vierwöchentlichen Ausflug nach dem Staate Maine mache, wo die Gesellschaft an geeigneten Stellen unter Zelten campire, und sich dem Vergnügen der Jagd und Fischerei hingebe. Namentlich den Frauen sei dieser Ausflug so an’s Herz gewachsen, daß sie die dafür festgesetzte Zeit kaum erwarten könnten, und daß sie, in so weit sie nicht im Küchendepartement beschäftigt seien, mit schweren Stiefeln bewaffnet, dem Sport des Angelns fleißig oblägen.

Die Angelschnur besteht aus zwei Theilen: der Leine, eventuell mit dem Schwimmer, und dem Vorfach mit dem Haken.

Die Leinen, aus welchen die Angelschnüre hergerichtet werden, sind aus Hanf, Seide oder Pferdehaar gefertigt und von allen drei Stoffen, auf Rollen gewickelt, in Längen von sechszig bis einhundertzwanzig Fuß zu haben. Die aus Seide geklöppelten sind die dauerhaftesten. Man erhält in den Handlungen mit Fischereigeräth zwar auch bereits vollständig mit Schnur und Haken armirte Angelschnüre auf Stech- oder Windebrettchen; es ist für dasjenige Angeln, welches dieser Aufsatz behandelt, jedoch vorzuziehen, seine Angelschnur nach Bedürfniß der Länge aus Leine und Vorfach sich selbst zurecht zu machen. Vor dem Gebrauch ist die Angelschnur natürlich auf das Stech- oder Windebrettchen gewickelt. Die Länge der Schnur, inclusive Vorfach, ist für das gewöhnliche Auswerfen annähernd gleich der Länge des Stockes zu bemessen, so daß man, mit der rechten Hand den Stock haltend, mit der linken die angespannte Schnur über dem Haken faßt und dann, die Schnur loslassend, den Köder an die Stelle wirft, welche man sich ausersehen hat. Man erlangt durch die Praxis hierin bald die erforderliche Fertigkeit. Bedarf man nach der Oertlichkeit zum Weiterschwimmenlassen des Köders keiner größeren Länge, als Schnur und Stock ergeben, so wird die Schnur an die Oese des Vorhauers befestigt. Der Vorsicht wegen ist jedoch anzurathen, die Leine rückwärts noch um etwas mehr als Stocklänge zu verlängern und, nachdem sie leicht um die ganze Länge des Stockes gewickelt ist, am Griffende desselben zu befestigen, damit, wenn der Vorhauer oder ein anderer Theil des Stockes sich aus seiner Verbindung beim Anhauen lösen sollte, der losgelöste Theil mit dem angehakten Fisch nicht verloren gehe. Ist dagegen der Standpunkt des Anglers sehr hoch über dem Wasser oder die Stromschnelle so lang, daß man einer größern Länge der Schnur bedarf, um den Köder bis an’s Ende derselben ziehen lassen zu können, so wird dieselbe ohne Befestigung durch die Oese gezogen und rückwärts so lang gemacht, daß man bis zum Ende der Schnelle die Schnur nachlassen kann, ohne sie aus der Hand zu verlieren. In diesem Falle hält man, wenn die Schnur nicht etwa an einer am Stock angebrachten Rolle aufgewickelt ist und man sie von dieser ablaufen lassen kann, die nachzulassende Leine in der linken Hand.

Vorfach wird eine Schnur von wenigstens ein Fuß Länge genannt, die in der Regel etwas schwächer ist, als die Angelschnur, und an deren einem Ende sich eine Oese, am andern der Haken befindet. Vermittels der Oese wird das Vorfach mit der Leine verbunden. Zur Ausrüstung der Angeln führt man eine Anzahl Vorfächer mit sich, um Ersatz zu haben, wenn ein Haken

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1873). Leipzig: Ernst Keil, 1873, Seite 278. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1873)_278.JPG&oldid=- (Version vom 27.8.2018)