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Verschiedene: Die Gartenlaube (1874)

er mag sagen was er will, es wird Allen, selbst Denen auf der Bühne, komisch vorkommen. Und ist Das, was er zu sagen hat, nicht wirklich geeignet, großen Jubel hervorzubringen, so macht es sein Blick mit den großen Augen, sein unwiderstehliches Schmunzeln, seine komische Redeweise wieder gut, und der Verfasser des Stückes muß Gott danken, daß die schwache Rolle in die Hände eines solchen Schauspielers gefallen ist.

Was diesem Komiker möglicher Weise das Charakterisiren erschweren könnte, ist eben das angeborene Aeußere, und will er sich wirklich bemühen, dies zu verleugnen, es gelingt ihm nicht; er muß sich immer wieder sagen: „Bleibe, wer du bist, und du wirst dem Publicum stets Liebling sein.“ Von den gemachten Komikern haben wir die größte Anzahl, und – – sie gefallen auch.

Es sind allerdings solche, die sich zwingen, komisch zu sein, die sich einen Humor selbst fabricirt haben, der sich zu dem wahren ungefähr so verhält wie Cichorien zum Kaffee, Komiker, welche über jeden Witz, den sie zu produciren haben, möglicher Weise schon fünf Minuten vorher und wieder fünf Minuten hinterher lachen, Leute, welche im Gesichterschneiden und im Verschmieren ihres Gesichtes beim Schminken ihre Force suchen, die sich mehr als die anderen einbilden, wirkliche Komiker zu sein, ohne zu bedenken, daß auch der Gebildetste im Publicum über die Späße des Clowns im Circus lacht und daß es sehr oft vom Verfasser einer Posse abhängt, ob der Komiker bejubelt wird oder nicht, denn ein guter Witz oder Kalauer, wie man oft auch jetzt den Witz nennt, wirkt doch immer, aus welchem Munde er auch kommen mag, wenn der Witz nur eben gut ist.

Manche dieser Komiker haben auch die Gewohnheit, fortwährend zu lachen und gut zu lachen, so daß sie endlich das Publicum dadurch mit hinreißen; aber das paßt doch nicht überall hin. Man verzeihe mir den Vergleich: wer einzelne von Dr. Bodinus’ Zöglingen beachtet und studirt hat, der muß bekennen, daß dem Komiker vor allen anderen Schauspielern in den meisten Fällen der Ernst anzurathen ist, um komisch zu wirken. Seht Euch den Affen, den Bären, die spielenden kleinen Löwen, besonders diese an, wie sie bei ihren urkomischen Spielen, bei ihren zum Aufschreien possirlichen Angriffen und bei ihrem zum Lachen reizenden Beobachten irgend eines Gegenstandes den unerschütterlichsten Ernst bewahren. Die Thiere können nicht lachen und sind doch so komisch.

Wie treffend ist doch die vielleicht nicht hierher passende Antwort auf die Frage: „Warum lachen die Thiere nicht?“ „Weil, als sie geschaffen worden, noch kein Mensch vorhanden war; worüber sollten sie lachen!

Ja, wir Menschen sind eigentlich alle geborene Komiker; die Zeitungen, welche wunderbarer Weise auch von Menschen geschrieben werden, machen uns jeden Tag lächeln über uns und unsere Mitmenschen sowie über die Possen, welche sie aufführen, sei es nun in Italien, in Frankreich oder anderswo. Streichen wir also unsere letzte Betrachtung über gemachte Komiker, und stellen wir uns Alle in eine und dieselbe Kategorie.

C. Helmerding.




Ein deutscher Kunstschatz. Am letzten Mai 1872 trug man in Leipzig einen Künstler zu Grabe, der durch seine Darstellungen des Thier- und Pflanzenlebens sich weitverbreiteten Ruf erworben: Robert Kretschmer. Am bekanntesten ist derselbe geworden durch seine Illustrationen zu dem Prachtwerke des Bibliographischen Instituts: „Brehm’s Thierleben“ und zu Settegast’s „Thierzucht“, sowie durch seine Theilnahme an der Reise des Herzogs Ernst von Coburg-Gotha nach den Bogosländern in Afrika im Jahre 1862. Außerdem zeugen die besten illustrirten Zeitschriften für die Vortrefflichkeit und Gesuchtheit seiner Leistungen. Wie sein Bruder Albert als der „Costüm-Kretschmer“, war Robert als der „Thier-Kretschmer“ in der Kunstwelt allbekannt. – In künstlerischer Gewissenhaftigkeit machte er zu jeder seiner Illustrationen ernste Studien und führte viele davon in Aquarellbildern aus. Da nun nicht blos die afrikanische Reise, sondern auch der Besuch vieler zoologischer und botanischer Gärten ihm Gelegenheit zu Studien bot, so sind dieselben nach und nach zu einer Sammlung angewachsen, die, wohlgeordnet in drei Mappen, hundertzweiundachtzig Cartons umfaßt, auf welche etwa tausend Gegenstände aufgeklebt sind. Davon enthalten 60 Blätter 521 Vögel, 62 Blätter 205 Säugethiere und 60 Blätter 90 afrikanische Studien, meistens aus Abessinien und Aegypten, Menschen, Thiere, Pflanzen, Landschaften aus den Bogosländern, Geräthschaften, Vogelnester etc. Außerdem enthalten die Mappen noch 124 Vögel und 53 Säugethiere in unaufgeklebten Zeichnungen und Aquarellbildern.

Ueber den wissenschaftlichen und künstlerischen Werth dieser reichen Sammlung haben Fach-Autoritäten die glänzendsten Zeugnisse abgegeben, und einstimmig wurde gewünscht, daß dieselbe nicht zerstreut, sondern als Ganzes erworben und womöglich Deutschland erhalten werde.

Gewiß ist dieser Wunsch beherzigenswerth; nur sollten doch Alle, die denselben, namentlich bei verschiedenen Naturforscher-Versammlungen, mit Entschiedenheit äußerten, nun auch das Ihrige dazu beitragen, daß ein Käufer für das Ganze sich finde, und bald finde. Dieser deutsche Kunstschatz bildet das einzige Erbe, welches Robert Kretschmer, der rastlos thätige Mann, seiner Familie hinterlassen konnte. Wie schön nun auch jener patriotische Wunsch klingt, so haben die Sorgen einer Mutter und Wittwe doch auch ihr Gewicht – und die Sammlung liegt schon in’s zweite Jahr vielgepriesen, aber von Käufern unbeachtet da. Alle öffentlichen naturwissenschaftlichen und Kunst-Anstalten kennen sie, aber die meisten bedauern den Mangel an Mitteln zum Erwerbe derselben. Folglich bliebe Nichts übrig, als Versteigerung oder Verkauf in’s Ausland, wäre nicht eine Hoffnung noch vorhanden: die, daß ein reicher und edeldenkender Mann diesen Kunstschatz erwerbe, um einer öffentlichen Sammlung ein Geschenk damit zu machen und so seinem Namen ein unvergängliches Denkmal zu setzen. Sollte unter den vielen reichen und edeldenkenden Männern und Frauen deutscher Nation dieser Gedanke nicht recht bald eine werkthätige Hand, das rechte Herz finden?

Gegenwärtig liegt die ganze Sammlung bei dem Maler, Herrn Albert Kretschmer in Berlin, Ritterstraße Nr. 56 drei Treppen, täglich von zwei bis vier Uhr zur Beschauung auf.




Sammlung für die Wasserbeschädigten an der Ostsee. Wir sind den zahlreichen Gebern über die von uns vereinnahmten Gelder bisher einen Rechenschaftsbericht noch schuldig geblieben und geben denselben hiermit in summarischer Zusammenstellung:

Die gesammte Einnahme betrug . . . . . . . . .  Thlr.  13636.  7. 6.
Hiervon empfingen:            
der Hülfsverein in Berlin . . Thlr.  10214. –.–.    
das Unterst.-Comité in Altona 2421. –.–.    
das prov. Comité in Stettin 500. –.–.    
das Centralcomité in Stralsund 500. –.–.      
Coursdifferenz an ausländischem
 Golde und Coupons ....
1. 7. 6.      
  Thlr.  13636. 7. 6. Thlr.  13636.  7. 6.

Leipzig, im Januar 1874.

Die Redaction der Gartenlaube.




Kleiner Briefkasten.


W. Z. in L. Ihre Anschauung über den jüngst verstorbenen schwungvollen und formgewandten Dichter Hermann Kurz theilen wir in jeder Beziehung, namentlich aber sind wir auch darin mit Ihnen einer Meinung, daß das poetische Streben des Verstorbenen noch lange nicht nach Gebühr gewürdigt worden ist. Gewiß werden Sie die nachfolgenden Strophen Ihres Lieblings, welchen der Tod desselben eine besondere Weihe giebt und welche Ihnen vielleicht noch nicht bekannt sind, mit Interesse lesen:

Ich werde so von hinnen eilen
Mit tief geschlossenem Visier,
Und ein paar arme stumpfe Zeilen
Die bleiben dann der Welt von mir.

Nach diesen werden sie mich wägen,
Verdammung sprechen oder Lob,
Nicht ahnend, ach, mit welchen Schlägen
Sich oft mein Herz in meinem Busen hob,
Wie ich am schönen Tag, in guter Stunde,
Verschmelzend Geist in Geist gewebt,
Mit einem kleinen Menschenbunde
Ein ganzes volles Leben durchgelebt,
Wie wir das Herz, wie wir die Welt gemessen,
Wie manch gewichtig Wort in Lethe’s Wellen fiel,
Und wie wir dann in seligem Vergessen
Manch kecken Scherz geübt, manch übermüthig Spiel.
Vor solchem Leben frisch und reich
Wie sind die Lettern todt und bleich!

Doch was ich mir in mir gewesen,
Das hat kein Freund gesehn, wird keine Seele lesen.




Berichtigung. In Nr. 1 unseres Blattes ist in dem Artikel „Aus meinem Gefängniß- und Fluchtleben“ von Fritz Rödiger statt „jener berühmte englische Naturforscher“ (Spalte 2, Zeile 8 v. u.) zu lesen „jener berühmte griechische Naturforscher“.




Helfer in der Noth.


Im Verlage von Ernst Keil in Leipzig ist soeben erschienen:

Dr. Carl Ernst Bock,
Professor der pathologischen Anatomie in Leipzig.


Das Buch vom gesunden und kranken Menschen.


Mit gegen 120 feinen Abbildungen. – Neunte verbesserte und vermehrte Auflage.
Broschirt 2 Thlr. 15 Ngr. Elegant geb. 2 Thlr. 25 Ngr.

Wie sehr die Gemeinnützigkeit dieses Werkes von dem großen Publicum anerkannt worden ist, dafür spricht die günstige Aufnahme der achten Auflage. Dieselbe ist binnen zwei Jahren in 20,000 Exemplaren verkauft worden und das jetzt in neunter Auflage vorliegende Buch nunmehr in den Händen von einigen 90,000 Menschen. Hierin dürfte wohl der Beweis liegen, daß dasselbe jede Concurrenz hinter sich zurückgelassen hat und zu den literarischen Bedürfnissen des Lebens zählt. In Familien, wo es sich schon seit seinem ersten Erscheinen als ein Helfer in der Noth bewährt hat, ist es geradezu unentbehrlich geworden.


Verantwortlicher Redacteur Ernst Keil in Leipzig. – Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.
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