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Verschiedene: Die Gartenlaube (1888)

feingeistiger Zug, eine Vorliebe für die Filigranarbeit des Denkens ist allen seinen Schriften eigen geblieben. Von 1835 bis 1842 redigirte er die „Zeitung für die elegante Welt“ in Leipzig, später 13 Jahre hindurch die „Europa“. Er gab diesen Blättern eine einflußreiche Stellung; man legte Gewicht auf sein kritisches Urtheil; er war ein Meister in litterarischen Porträts, die zwar nicht so scharfe Umrisse zeigten wie bei Gutzkow, aber dafür eine wahre und warme Farbengebung. Gustav Kühnes Verdienst nach dieser Seite hin ist noch nicht genugsam gewürdigt; seine Sammlungen „Weibliche und männliche Charaktere“, „Porträts und Silhouetten“, „Deutsche Männer und Frauen“ verrathen einen ernsten, würdigen, schwunghaften Geist und oft sind weiche und ergreifende Gemüthstöne darin angeschlagen.

Als Novellist und Romandichter wahrte er dieselbe Eigenart; er begann mit einer Erzählung „Eine Quarantaine im Irrenhause“ (1835), welche zuerst Aufssehen erregte; sie war ganz im Stile des Jungen Deutschlands gehalten, ein geistreiches Capriccio, tiefsinnig über den Räthseln des Menschenlebens brütend, oft etwas schwerwuchtig im Stil und die Kunstausdrücke der Schule nicht verschmähend. Farbenreich sind die geschichtlichen Romane Kühnes, besonders „Die Rebellen von Irland“ (3 Bände 1840); die Leiden des grünen Erin und der noch heute dort fortglimmende oder hell aufflammende Kampf gegen die englische Herrschaft sind mit warmer Empfindung, oft mit begeistertem Aufschwung geschildert. Auch die geschichtlichen Helden sind lebenswahr porträtirt. Doch gelingt es dem Autor nicht recht, uns für die Geschicke der Einzelnen und für seine freiererfundene Handlung zu erwärmen, seine Muse verweilt gern auf den Höhen der nationalen Bewegung . . . Das gilt auch von seinen „Klosternovellen“ (2 Bände) und von „Wittenberg und Rom, Klosternovellen aus Luthers Zeit“, sowie von seinem umfangreichen Roman „Die Freimaurer“ (1854) – überall ein warmer Pulsschlag für geistiges Streben im Kampfe mit den Dunkelmännern, lebendige Schilderung, wohlerwogene Gruppirung der Charaktere, aber selten packende Situationen und eine Spannung, die das große Publikum zu fesseln vermocht hätte. Gustav Kühne war auch in seinen Romanen zu sehr Geschichtsphilosoph, zu wenig Menschendarsteller.

Seine Dramen „Isaura“ und „Die Verschwörung von Dublin“ sind wenig gegeben worden; nur seine Fortsetzung des Schillerschen „Demetrius“ wurde mehrfach aufgeführt und besprochen. Auch mehrere Sammlungen von Gedichten hat Kühne herausgegeben; in den letzten Jahrzehnten allerlei Satirisches mit reformatorischer Richtung wie die „Römischen Sonette“ (1869).

Seit 1856 lebte Kühne in Dresden und abwechselnd auf seiner Villa in Hosterwitz; er befand sich in glücklichen Vermögensverhältnissen; nicht jedem deutschen Autor ist ein so sorgenloses Alter beschieden. Leider wurde Kühne 1884 von einem schweren Gehirnleiden befallen, so daß den letzten Jahren seines Lebens der Sonnenschein fehlte.

In unserer Litteratur wird er nicht zu den eigentlich schöpferischen Geistern gezählt werden, aber zu den Pfadfindern und Bahnbrechern von schwunghafter Gesinnung und umfassender Bildung.

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Der Löwenbräukeller in München. (Mit Illustration S. 333.) Die neue Zeit, welche mit so großer Vorliebe gerade den altehrwürdigsten Einrichtungen zu Leibe rückt, hat in München jetzt einen Grundpfeiler der Gesellschaftsordnung erfaßt und bereits bedenklich ins Wanken gebracht, nämlich den Begriff des „Kellers“. Sonst verstand man unter einem solchen einen weiten bretterumzäunten Kiesplatz rings um die Brauerei her, bedeckt mit zahllosen Bänken und Tischen, von welchen aus man sich mit dem Maßkrug durch das Gewühl zur Quelle im Innern durchkämpfte, um dann im Genuß der glücklich eroberten „Kellermaß“ und der schönen Abendluft über mangelnden Komfort, Bedienung und Beleuchtung ruhig hinwegzusehen. Mit humoristischem Schauder betrachteten die Fremden die Bierlachen auf den Tischen, die Rettig-, Salz- und Käsereste der Vorgänger. Die Eingeborenen genirte das nicht - Sie waren’s so von Jugend auf gewöhnt und „auf dem Keller“ ist es einmal nicht anders!

Und nun - welche Veränderung! Nun erhebt Sich seit einigen Jahren am Anfang der Nymphenburgerstraße ein Prachtbau mit Freitreppen, Terrassen und Bogenhallen, mit großen und kleinen Sälen, welche viele hundert Menschen fassen können. Der Löwenbräukeller, dessen große elektrische Lampen abends weithin strahlen, während an Sommerabenden aus dem Orchesterpavillon unter den schattigen Bäumen die verlockendsten Weisen klingen. Freilich halten sich die Alt-Münchener grollend fern; ihnen geht’s da zu „vornehm“ her und sie bleiben den alten, liebgewordenen Lokalen treu. Die Vielen aber, welche in reinen Tellern, Servietten und Gläsern kein Hindernis der Gemüthlichkeit erblicken, strömen allesammt dem Löwenbräu zu um in dem schönen, schattigen Garten, bei einem vorzüglichen „Stoff“ mit ihren Bekannten frohe Stunden zu verplaudern. Und in der That ist es ein vergnügliches Sitzen dort in der warmen Sommernacht, wenn der Vollmond sein ruhiges Licht über den ganzen Beleuchtungszauber ausbreitet und man in der reinen Luft von des Tages Last und Hitze aufathmet. Für die Ausstellungsbesucher des heurigen Sommers wird gewiß der Löwenbräukeller ein hervorragender Sammelpunkt werden!


Die Vorstehhunde. (Mit Abbildungen S. 329) Man hat auf verschiedene Weise die Entstehung der Vorstehhunde zu erklären versucht; manche meinten, man habe gewissen Jagdhunden das Vorstehen angelernt und diese Dressur habe sich dann vererbt, allein diese Theorie beruht auf Irrthum, denn Dressur vererbt sich nicht. Es muß vielmehr zuerst Hunde gegeben haben, welche die natürliche Anlage hatten, „vorzustehen“, und diese Eigenschaft hat sich vererbt und durch Auswahl bei der Züchtung bis auf den heutigen hohen Grad steigern lassen, indem man speziell solche Individuen paarte, welche jene Eigenschaft besonders zeigten. Nach der allgemeinen Annahme kamen die ersten Vorstehhunde aus Spanien und waren kurzhaarig. Die Engländer haben die Züchtung zuerst rationell betrieben und aus den stark gebauten spanischen Vorstehhunden den heutigen hochedlen, außerordentlich schnellen und ganz für ihre Verhältnisse passenden englischen Pointer herangebildet. Die Setters sind wohl aus Paarungen des kurzhaarigen Vorstehhundes mit den Wachtelhunden (spaniels) entstanden, und wir unterscheiden heute 1. die englischen Setter, weiß mit schwarzen, braunen oder gelben Flecken, 2. die irischen, einfarbig dunkelroth, zuweilen mit einer weißen Linie auf der Stirn, und 3. die schottischen oder Gordonsetters, schwarz mit rothbraunen Abzeichen.

Der deutsche kurzhaarige Hühnerhund, dessen Rassekennzeichen erst vor etwa sechs Jahren durch die Vereine zur Erhaltung und Veredelung der Hunderassen festgestellt wurden, wird nun auch seither eifrig nach diesem Vorbilde gezüchtet. Er ähnelt wieder mehr seinen Vorfahren aus Spanien; er ist stärker und schwerer als der englische Pointer, aber auch weniger schnell. Letzterer ist entweder weiß mit braunen oder gelben Flecken; der deutsche Vorstehhund einfarbig dunkelbraun oder weiß mit braunen oder gelben Flecken und ebenso besprenkelt.

Seitdem man auch in Deutschland die reinen Rassen eifrigst anstrebt, sind Kreuzungen mehr als je verpönt, besonders auch die gekreuzten Vorstehhunde, die sich durch den Kopf mit stark entwickeltem Hinterhauptbein, durch blutunterlaufene, tiefliegende Augen, triefende Lefzen und Kehlwamme so unvortheilhaft auszeichnen und auf guten Ausstellungen stets abgewiesen worden sind.

Die Griffons oder stichel- und rauhhaarigen Vorstehhunde, auch polnische Wasserhunde, italienisch Spinone genannt, verdanken ihre Entstehung ohne Zweifel den Paarungen der eigentlichen Vorstehhunde mit den Pudeln, sind demgemäß bald mehr, bald weniger stark behaart und danach benannt; der deutsche stichelhaarige ist im Gegensatz zu dem Griffon am Körper ziemlich kurzhaarig, an den Augenbrauen und an der Schnauze aber borstig; namentlich bei der Jagd auf die verschiedenen Wasservögel leisten diese Hunde vorzügliche Dienste und apportiren leicht und eifrig aus Wasser und Dickicht.

Zum letzteren Zweck, das heißt zum Apportiren überhaupt, hat sich der Engländer einen besonderen Hund gezüchtet, den Retriever, der einem kleinem Neufundländer mit kurzgewellten Haaren gleicht. Er ist der Assistent der Pointer und Setter und hat nichts zu thun, als das geschossene oder angeschossene Wild zu apportiren; denn demselben nachzueilen kann den englischen heißblüthigen Vorstehhunden nicht erlaubt werden, weil ihre höchst feine Dressur dadurch leiden würde.

Auf unserem Bilde finden wir diese Rassen in trefflichen Typen wiedergegeben, welche das Interesse unsrer Leser um so mehr verdienen, als Sie nach dem Leben gezeichnet worden sind.

Wir geben noch die Namen der Hunde auf unserer Abbildung an: der Pointer ist Naso II. von Naso aus der Miranda; der deutsche Hühnerhund unten links: Hector IV. von Hector I. aus der Minka; der englische Setter oben rechts: Tam of Braunfels von Tam O’shanter aus der Daisy; der irische Setter hinter dem Pointer „Ganymede.“ Der Retriever oben links: Jet II. In der Ecke unten rechts: ein Griffon.

G. Lang.     



Kleiner Briefkasten.
(Anonyme Anfragen werden nicht berücksichtigt.)



E. P. in Berlin. Der von uns in Nr. 42 unseres Blattes, Jahrg. 1887[WS 1], nach Verdienst gewürdigte Verein deutscher Lehrerinnen in England entwickelt sich in erfreulicher Weise. Eine Erweiterung seines Daheims hat stattgefunden durch Erwerbung des Nachbarhauses. Doch trotz der reichen Spenden deutscher Fürstlichkeiten, deutscher Städteverwaltungen und von Privatleuten ist die ganze auf dem neuen Hause lastende Schuld noch nicht abgetragen und der Verein glaubt auch auf freiwillige Beiträge rechnen zu dürfen. Die Lage deutscher Frauen und Töchter im Auslande wird durch seine Bemühungen und durch jede Unterstützung, die ihm zukommt, wesentlich gebessert. An der Spitze steht Fräulein Adelmann, deren Adresse wir schon neulich angaben: 16 Wyndham Place, Bryanston Square, London W.

Alfred W. in H. Wir haben schon oft auf die Litteratur hingewiesen, welche über die Berufswahl handelt; vergleichen Sie gefl. die eingehende Briefkastennotiz in Nr. 10 des vorigen Jahrgangs.



In unserem Verlage ist erschienen und durch beinahe alle Buchhandlungen zu beziehen:
Altbayerische Culturbilder. Von Ludwig Steub.
Elegant broschiert (15 Bogen gr. Oktav) Preis 3 Mark.

Allen Freunden des verstorbenen Dichters sei diese ebenso gediegene als interessante Schrift des genauen Kenners von Land und Leuten in Altbayern bestens empfohlen.

Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Nr. 12
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1888). Leipzig: Ernst Keil, 1888, Seite 340. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1888)_340.jpg&oldid=- (Version vom 12.1.2022)