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Verschiedene: Die Gartenlaube (1895)

angebracht, von denen die eine ganz, die andere zum Teil auf unserer Hauptansicht, Seite 441 zu sehen ist.

Die Kompressionspumpen machen sich dem Zuschauer dadurch bemerkbar, daß ihre Zuleitung sich mit Reif bedeckt, der sich allmählich zu einer weißen Eisrinde verdichtet, wie sie auch auf unserem Bilde hervortritt.

Die Aufgabe der Kompressionspumpe ist, die Ammoniakdämpfe aus dem sogenannten Generator abzufangen und sie so zusammenzupressen, daß sie wieder in den flüssigen Zustand zurückgeführt werden. Zur Beförderung dieses Vorganges benutzt man Kühlwasser, welches die bei der Zusammenpressung entstehende Wärme aufnimmt. Je stärker der Druck der Pumpe und je geringer die Temperatur der Ammoniakgase gehalten werden, desto eher erfolgt der Uebergang in den flüssigen Zustand. Auch hier „muß eins dem andern helfen“.

Der vorhin erwähnte Generator dient dazu, das gewünschte Endprodukt, die Eisblöcke, hervorzubringen. Er besteht aus einem schmiedeeisernen, mit Holz umkleideten Kasten, auf dessen Boden eine Rohrleitung von erheblicher Länge in vielen Schlangenwindungen verlegt ist. In dieser Rohrleitung befindet sich das flüssige Ammoniak, welches unter hohem Druck vom Kompressor aus eingetreten ist. Da in der Rohrleitung aber niederer Druck herrscht, so verdunstet in ihr alsbald das Ammoniak und entnimmt die zum Verdunsten erforderliche Wärme der im Generator befindlichen, das Rohrsystem umgebenden Salzlösung. Die Salzlösung nimmt infolgedessen eine niedrige, unter dem Gefrierpunkte des Wassers liegende Temperatur an, ohne jedoch selbst zu erstarren. Die abgekühlte Salzlösung des Generators – auf dem sich in dem Hauptbilde der Wärter mit dem Handrade eines Ventiles zu schaffen macht – dient nun als bequemes Uebertragungsmittel für die Kälte. In die Flüssigkeit taucht man eiserne Gefrierzellen die mit dem zu gefrierenden Wasser gefüllt sind. Auf unserer ersten kleineren Abbildung, S. 436, ist dargestellt, wie die über den Generator gehobenen Gefrierzellen mit Wasser gefüllt werden, um demnächst mittels des von der Dampfmaschine aus getriebenen Hebewerkes in den Generator gesenkt zu werden.

Sind nach kurzer Zeit die Zellen zu den Eisblöcken in der bekannten prismatischen Form ausgefroren, so werden die Zellen aus dem Generator gehoben und einen Augenblick in warmes Wasser, in das sogenannte Taubassin getaucht, damit sich die Blöcke von den Zellwänden loslösen. Diesen Vorgang, insbesondere das Ausschütten der Eisblöcke auf die „Eisrutsche“, führt die nächste Abbildung, Seite 436, vor Augen. Die Blocke werden alsdann nach Bedarf entweder sofort aufgeladen und dem Bestimmungsorte zugeführt oder aber auf Lager gebracht, wo sie zum Schutz gegen Abschmelzen mit einer Decke, als welche gewöhnlich Holzwolle dient, eingehüllt werden.


Auf dem Wege zum Kunden.


Dann werden die Zellen wieder gefüllt und der Vorgang wiederholt sich aufs neue. Zu der Ausstattung der Eisfabrik gehört noch ein Kondensator, der aus einer oder mehreren Kühlschlangen besteht, um welche kühles Brunnenwasser geleitet wird. In diesem Kondensator sollen sich, unter Mitwirkung der Kompressionsmaschine, die hochgespannten Ammoniakdämpfe verdichten, um demnächst, wie schon erwähnt, im Generator von neuem zu verdunsten. Ferner findet man in der Eisfabrik einen Destillationsapparat, der dazu dient, aus der käuflichen Salmiakgeistlösung, in der das Ammoniakgas vom Wasser aufgenommen (absorbiert) ist, das reine Ammoniak zu gewinnen. Dies geschieht durch Abdestillieren des Gases aus der Lösung und ist aus dem Grunde erforderlich, weil beim Betriebe Verluste von Ammoniakgas nicht zu vermeiden sind, wofür Ersatz geschafft werden muß.

Man erzielt Eissorten von verschiedener Güte, welche als Trübeis und Klareis (Krystalleis) bezeichnet werden. Der Unterschied wird dadurch hervorgerufen, daß bei dem Trübeis die im gewöhnlichen Wasser enthaltenen Luftteilchen einfrieren und in der Form von kleinen Blasen eine weiße Trübung verursachen. Etwas gemildert wird diese Erscheinung, wenn man in den Zellen während des Einfrierens eine Rührvorrichtung wirken läßt. Um untadelhaftes Klareis zu gewinnen, muß man das Füllwasser unmittelbar vor dem Gefrieren auskochen und auch die Gefrierzellen mit ausgekochtem Wasser nachfüllen. Das Krystalleis hat neben dem bessern Aussehen noch den Vorteil, beim Versand widerstandsfähiger zu sein.

Wir haben im Vorstehenden eine Eismaschine, die mit Ammoniakflüssigkeit betrieben wird, geschildert. Die außerdem üblichen Flüssigkeiten wie Kohlensäure, schweflige Säure (Pietetsche Flüssigkeit), Aether etc. haben, mit Ammoniak verglichen ihre Vorteile und Nachteile, die noch nicht endgültig gegeneinander abgewogen sind.

Es wäre übrigens Irrtum, anzunehmen, daß die Eismaschinen lediglich zur Eisfabrikation dienen. In vielen Fällen verzichtet man vorteilhafter auf die Eisbildung und begnügt sich damit, die zur Kühlung des Generators dienende Salzlösung unmittelbar zu benutzen. Dies geschieht z. B. bei der Kühlung von Kellern dadurch, daß man die kalte Salzlösung durch Röhren streichen läßt, die an der Decke des Kellers angebracht sind. Von der Rohrleitung aus verbreitet sich die Kälte durch den ganzen Kellerraum die Salzlösung wird mittels einer Pumpe mit stetigem Umlaufe durch das ganze Röhrensystem getrieben und kehrt bei diesem Umlaufe auch zur Kühlstelle zurück, wo sie von neuem abgekühlt wird. Wir müssen uns an dieser Stelle mit der bloßen Andeutung dieser wichtigen Verwendungsweise begnügen.

Die gebräuchlichen Eismaschinen werden für eine stündliche Eislieferung von 75 bis 2000 Kilogramm eingerichtet, es sind jedoch größere Leistungen durchaus nicht ausgeschlossen. In einer vor kurzem in St. Louis eingerichteten Brauerei dient zum Betriebe der Kompressoren eine Dampfmaschine von 600 Pferdekraft.

Mit einem Kilogramm Kohle erzielt man je nach Größe und Einrichtung des Dampfkessels und der Dampfmaschine 10 bis 14 Kilogramm Eis. Bei großen Verbunddampfmaschinen hofft man die Eismengen auf 24 Kilogramm steigern zu können. Daß die Angaben der beteiligten Kreise mitunter recht schwanken, ist aus geschäftlichen Verhältnissen wohl zu erklären – ist ja doch, wie schon erwähnt, die Frage, welches das beste System der Eismaschine sei, heute noch unentschieden.

Die Achtung gebietende Entwicklung der Eismaschinenindustrie liefert einen neuen Beweis, mit welcher beharrlichen Zähigkeit unsere Technik sich jeder zeitgemäßen Aufgabe zuwendet. Ebenso zeigt die Erfahrung, wie sehr die Entwicklung der Eismaschinenindustrie eine fördernde Rückwirkung auf alte gewerbliche Betriebe, welche Kälte verwenden, ausgeübt hat.




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Verschiedene: Die Gartenlaube (1895). Leipzig: Ernst Keil, 1895, Seite 438. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1895)_438.jpg&oldid=- (Version vom 20.8.2021)