Seite:Die Gartenlaube (1896) 0856.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
verschiedene: Die Gartenlaube (1896)

Kindlein hat sie mit festen Tüchern sich um die Hüften gebunden und nun zieht sie mit rüstigen Schritten der vorangefahrenen Horde nach, achtlos gegen die Mittagsonne, die auf der heißen Felsenwand brennt, den Wanderstecken in der Hand, ihren Hund zur Seite, eine echte Tochter des fahrenden Volkes, das die Freiheit allen andern Gütern vorzieht und sie gern mit Armut und Erniedrigung erkauft, aber dafür auch mit dem romantischen Schimmer umgeben ist, der von jeher Dichter und Maler unwiderstehlich anzieht. Bn.     

Riesen- und Zwergpferde. (Mit Abbildung.) Unter die „Wunder der Tierwelt“, die so oft zur Schau gestellt werden, gehören auch Riesen- und Zwergtiere. Im Jahrgang 1889, Seite 46, hat Heinrich Leutemann eine Sammlung solcher abnorm gewachsener Tiere den Lesern der „Gartenlaube“ vorgeführt. Heute bringen wir wiederum die Abbildung eines Riesen- und eines Zwergpferdes. Beide Tiere, die 4½ Jahre alt sind, werden gegenwärtig in Berlin an der Fischerbrücke zur Schau gestellt. Der Zwergpony, eine schottische Fuchsstute, mißt nur 88 cm, während das Riesenpferd, ein stichelhaariger Rotfuchswallach schweren amerikanischen Schlages, im Widerrist 2 m 2 cm hoch ist. Ein Pferd mittleren Schlages wiegt im Durchschnitt etwa 7 Centner, dagegen ist unser Zwergpony nur 1½ Centner schwer, während das Gewicht des Riesenpferdes nahezu 21 Centner beträgt. Besonders auffallend sind die Größenmaße des Riesenpferdes. Die Länge des Leibes von den Ohren bis zur Schwanzwurzel mißt 2 m 50 cm, der Umfang des Bauches 2 m 70 cm, das Vorderbein zeigt oben einen Umfang von 65 cm, ist also stärker als ein kräftiger Männerschenkel, die Länge des Kopfes mißt von den Ohren bis zum oberen Lippenrand 90 cm, so daß das Tier, wenn es den Kopf in die Höhe richtet, über 3 m hoch ist. Die täglichen Futtermengen des Riesenpferdes betragen 30 Pfund Korn und 20 Pfund Heu.

Ein Riesen- und ein Zwergpferd.
Nach dem Leben gezeichnet von W. Kuhnert.

Welche Ursachen bringen wohl unter den Tieren so abnorme Wachstumserscheinungen hervor? Von Natur neigt das Pferd, in kleinerem Mittelschlag zu bleiben. Wilde Pferdearten sind klein und verwilderte Pferde fallen gleichfalls in kleinere Rassen zurück. Die Pflege und Zucht des Menschen hat dagegen zahlreiche Riesenschläge hervorgebracht. In dieser Hinsicht sind besonders englische und flandrische Rassen berühmt: die Londoner Brauereipferde der Carthouserasse erreichen eine Höhe von 1 m 90 cm bis 1 m 94 cm; auch englische Vollblutpferde werden zuweilen bis 1 m 80 cm hoch. In den deutschen Alpen ist die Pinzgauer Rasse durch ihre Höhe auffällig, diese Pferde weisen 1 m 65 cm bis 1 m 70 cm Höhe auf. Sorgfältige Zuchtwahl, reichliche Ernährung und gute Pflege fördern überall das Wachstum und rufen Riesenschläge hervor. Das Temperament wird dadurch abgekühlt, denn feurige Rassen bleiben kleiner, so erreichen z. B. arabische Pferde nur eine Höhe von 1 m 48 cm bis 1 m 60 cm.

Was nun die Entstehung von Zwergpferden anbelangt, so dürfte dieselbe durch Verkümmerung oder Krankheit verursacht sein. Es giebt aber eine Einwirkung, unter welcher Tiere bei völlig harmonischer Entwicklung klein werden: diese Einwirkung besteht in dem Leben auf Inseln. In der That beherbergen viele Inseln ungemein kleine Pferde. Eduard Hahn giebt in seinem interessanten Werke „Die Haustiere. Eine geographische Studie“ (Leipzig, Duncker und Humblot) eine gedrängte Uebersicht des Vorkommens von Zwergpferden. Die Pferde von Irland und Island sind klein, noch viel kleiner aber die von der Insel Man, den Hebriden, Orkneys und den Shetlandsinseln. Zwergpferde findet man ferner auf Korsika und Sardinien, sie sind dort durchschnittlich bis 1 m hoch, „wie ein großer Hund“, wie der Reisende Maltzahn sich ausdrückt. Auch auf griechischen Inseln giebt es viele kleine Pferde von 1 m 18 cm bis 1 m 20 cm Höhe. Die Inseln anderer Weltteile zeigen vielfach dieselbe Erscheinung.

Die Einflüsse der Kultur und die Umgebung können auch in anderer Hinsicht verändernd auf die Entwicklung des Pferdes wirken. So bekommen z. B. Bergwerkspferde oft eine Behaarung, die an das Maulwurfsfell erinnert. Zahlreiche andere abnorme Erscheinungen, die man bei Pferden beobachtet hat, wie nackte Pferde, denen selbst Schwanz- und Mähnenhaare gänzlich fehlen, Pferde mit mehreren Zehen oder gar mit hornartigen Gewächsen auf dem Kopfe sind dagegen Mißbildungen, die durch Krankheiten hervorgerufen werden. *     


Inhalt: Die Geschwister. Roman von Philipp Wengerhoff (12. Fortsetzung). S. 841. – Victor Blüthgen. Bildnis. S. 841. – Die Taufe des Frankenkönigs Chlodwig zu Rheims am Weihnachtstage des Jahres 496. Bild. S. 844 und 845. – Victor Blüthgen. Von Richard Weitbrecht. S. 846. Mit dem Bildnis S. 841. – Turandots Polterabend. Erzählung von Hans Arnold. S. 848. Mit Abbildungen S. 848, 849, 850 und 851. – Aus der Autographenwelt. Von Hans H. Busse. S. 852. – Zigeunerin auf der Wanderung. Bild. S. 853. – Blätter und Blüten: Ein Heldensohn Siebenbürgens (S. L. Roth). S. 855. – Eine Volksausgabe von Anzengrubers Gesammelten Werken. S. 855. – Die Taufe des Frankenkönigs Chlodwig zu Rheims, Weihnachten 496. S. 855. (Zu dem Bilde S. 844 und 845.) – Zur Gründung eines Grimm-Museums in Hanau. S. 855. – Zigeunerin auf der Wanderung. S. 855. (Zu dem Bilde S. 853.) – Riesen- und Zwergpferde. Mit Abbildung. S. 856.


In dem unterzeichneten Verlag ist soeben erschienen und durch die meisten Buchhandlungen zu beziehen:

W. Heimburgs illustrierte Romane und Novellen.
Neue Folge.
Erster Band: „Mamsell Unnütz“. Mit Illustrationen von W. Claudius.

Die Band-Ausgabe der neuen Romanserie von W. Heimburg erscheint vollständig in 5 reich illustrierten Bänden zum Preise von je 3 Mark elegant geheftet, 4 Mark elegant gebunden und wird folgende Romane und Erzählungen enthalten:

Mamsell Unnütz. – Um fremde Schuld. – Haus Beetzen. – Sabinens Freier. – Franziska von Schlehen. – Das Raupenhäuschen. – Der silberne Hirschfänger. – Großmutters Whistkränzchen. – Marianne Sievening u. a.

Auch in 35 Lieferungen zum Preise von je 40 Pfennig zu beziehen. (Alle zwei bis drei Wochen eine Lieferung.) Bestellungen werden jederzeit in beinahe allen Buchhandlungen angenommen. Wo der Bezug auf Hindernisse stößt, wende man sich direkt an die

Verlagshandlung von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig.

Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner in Stuttgart. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig. Druck von Julius Klinkhardt in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1896). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1896, Seite 856. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1896)_0856.jpg&oldid=- (Version vom 3.7.2023)