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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853)

Sie pflegen es dann, ernähren es, tragen es wohl gar herum und dies geschieht in einem Haufen oft mehreren Weibchen zu gleicher Zeit ohne allen Streit.

Wunderbar ist der Bau ihrer Wohnungen und wenn er auch weniger regelmäßig als bei den Bienen ist, so ist er doch nicht weniger zweckmäßig. Sie benutzen dazu je nach ihrer Art Gras, Holz, Blätter, Tannennadeln, Erde, Steinchen, Schneckenschaalen etc. und scheinen dabei die

Bau der Termiten.

Aeußere Ansicht. Ansicht im Längedurchschnitt.

Umstände genau und klug zu benutzen, denn finden sie auf dem Neste zwei sich kreuzende Splitter, so untersuchen sie dieselben, ob sie zur Unterlage eines Zimmers oder Balkens benutzt werden könnten und bauen sodann frisch darauf los. Liegen Strohhalme bequem zu dem Dache eines Zimmers, so verschmäht sie die Ameise nicht, sondern führt die Mauer in der Richtung auf, wozu dann andere kommen und ihr helfen.

Jede Ameise handelt daher unabhängig nach eigenem Plane, den sie anlegt und die Ausführung nachher andern überläßt, wobei sie das Wasser zu Mörtel benutzen, die Kiefer als Meisel, die Fühlhörner als Senkblei und die Füße als Kelle anwenden. Da die Ameisen ihren Bau nach den Umständen einrichten, sich nicht an eine unveränderliche Form binden, dabei immer aber ihren Bedarf und Nutzen erkennen, so muß ihnen noch mehr geistige Thätigkeit inwohnen, als den Wespen und Bienen.

Noch mühsamer und künstlicher arbeiten die Holzschnitzer, eine Art Ameisen, die ihre Städte und Dörfer in hohlen Bäumen anlegt. Sie bestehen aus zahllosen, ziemlich söhligen Stockwerken, deren Böden und Bühnen 5 bis 6 Linien auseinander so dünn wie Karten, bald von zahllosen, senkrechten Scheidewänden, bald von vielen kleinen Säulen getragen, in dem Innern eines Baumes ausgehöhlt sind. Die meisten Wände sind parallel und folgen den concentrischen Holzschichten, die Säulen sind zwei Linien dick, rundlich, in der Mitte dünner und in geraden Linien stehend, weil sie aus den parallelen ausgeschnitten sind. Eine ungeheure Arbeit.

Sie müssen gewisser noch als die Bienen eine Zeichensprache haben, die ihnen wie den vollkommnern Thieren und Menschen als Wortsprache dient. Wenn eine irgendwo in einem Hause, – wo sie nur um nachzuschauen, auszukundschaften, verirren thun sie sich nicht, hinkommen, – Zucker, Honig etc. findet, so kehrt sie zurück und bald kommen sie zu Hunderten und Tausenden und zehren alles auf. Die erste kann nur durch den Geruch hingeleitet worden sein, die andern wurden durch die erste hingeführt. Auffallender bemerkt man dies noch bei ihren Kriegen. Stört Jemand ihre Haufen, so eilen einige augenblicklich hinein um Anzeige zu machen; schnell stürzt dann ein Heer heraus und noch schneller tragen andere die geliebten Puppen noch tiefer hinunter. Am deutlichsten kann dieses bei den Roßameisen gesehen werden, die ihren Bau in hohlen Bäumen haben. Sie benachrichtigen einander durch’s Stoßen mit dem Kopfe und die Gestoßenen stoßen wieder andere so, doch nicht alle merken das Zeichen gleich schnell. Den Kampf führen nur die Arbeiter; die Männchen und Weibchen verbergen sich oder fliehen. Heimtücke kennen sie nicht, aller Angriff ist offenbar, jeder nimmt seinen Mann auf’s Korn, wie in den alten Schlachten beim Handgemenge. Will man aber regelmäßige Kriege sehen, so muß man in die Wälder gehen, wo die rothbraunen Ameisen ihre Herrschaft über alle vorbeigehende Insekten behaupten und mit ihres Gleichen von verschiedenen Nestern Krieg führen, wie es im Mittelalter benachbarte Städte gethan haben. Manchmal rücken aus zwei Haufen, die über 100 Schritte von einander entfernt liegen, die Heere so zahlreich gegen einander, daß sie den ganzen Weg zwei Fuß breit bedecken und in der Mitte mit einander kämpfen. Tausende ringen da einzeln mit einander und suchen sich mit den Kiefern

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853). Leipzig: Ernst Keil, 1853, Seite 49. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1853)_049.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)