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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853)

wieder in hellrothes, lebensfähiges, verwandelt werde. Dieser Absicht dienen die Athmungswerkzeuge, die Lungen, indem sie dem Venenblut, das seine Kräfte verloren hat, aus der eingeathmeten Luft Sauerstoff abgeben und dafür Kohlensäure aufnehmen (dieser Vorgang wird bei Betrachtung der Lungen klar werden). Das Venenblut muß also zu den Lungen zurückkehren. Aus diesem beständigen Hin- und Herbewegen der ganzen Blutmasse entsteht eben, was man den Blutumlauf nennt; und da dieser, wie wir gesehen, eine doppelte Bestimmung hat, einmal nämlich, die Vertheilung des Blutes im Körper, sodann aber auch die Wiedersammlung des Vertheilten, auf daß es in den Lungen auf’s Neue erfrischt werde, so haben wir denn auch einen doppelten Kreislauf, einen großen und kleinen; und wie für beide das Herz der bewegende Mittelpunkt ist und das Blut dasselbe zweimal durchströmt, so durchschlingen sich beide Blutbahnen im Herzen, gleichsam wie zwei ineinandergelegte Ringe. Recht deutlich wird uns dies erst werden, wenn wir noch Folgendes über diese Hergänge beigebracht haben.

Fig. II.

Das Herz von hinten und unten nebst seinen Gefäßen.

Man erinnere sich, daß wir am Herzen vier Höhlen kennen gelernt haben, zwei Vorhöfe (Fig. I. a und c Fig. II. a und d) und zwei Kammern (die man sich hinter den Wänden x und y denke) wovon jene den Blutadern, diese den Schlagadern zugehören; ebenso, daß Vorhof und Kammer des rechten Herzens das dunkelrothe Blut aufnehmen, das linke Herz aber hellrothes weiter fördert. Darnach ordnen sich nun die beiden Blutkreisläufe. Der kleine, Lungen- oder Athmungskreislauf, nach den Lungen gerichtet, kommt aus der rechten Herzkammer, geht durch die Lungenschlagader (Fig. I. h abgeschnitten zu sehen) zu den Haargefäßen der Lungen, wo der oben angedeutete Umwandlungsproceß des dunkelrothen in hellrothes Blut stattfindet, und kehrt durch die Lungenblutader die gemäß ihres Ursprunges aus den beiderseitigen Lungen aus mehreren Venen besteht (Fig. I. e. f. Fig. II. f. g. h.) zum linken Herzvorhof zurück. Aus diesen Verhältnissen wird man nun auch einsehen, warum die Lungenschlagader allein von allen Schlagadern dunkelrothes, die Lungenblutader aber ebenso hellrothes Blut führt; in gleicher Weise, weshalb alle Schlagadern und alle Blutadern den gleichen Bau besitzen, mögen sie nun zum großen oder kleinen Kreislaufe gehören. – Der große oder Körperkreislauf geht von der linken Herzkammer aus, und zwar durch die große Körperpulsader (Aorta). Diese vertheilt das Blut durch vielfache Verästelungen und Verzweigungen im Körper. Letztere werden endlich zu feinsten und durchsichtigen Aederchen, welche deshalb Haargefäße genannt werden und ein zusammenhängendes Netz bilden. Aus diesen Haargefäßen entspringen die kleinen Blutadern, welche in umgekehrte Weise, wie die Schlagadern sich vertheilen und verästeln, so sich aus kleinen Zweigen in größere Stämme verbinden, die das Blut wieder zum rechten Vorhofe des Herzens zurückführen – mit Ausnahme der Blutadern des Verdauungssystems, welche als Pfortader zur Leber gehen und ein eigenes kleineres zusammenhängendes und geschlossenes Ganzes bilden. Wir wissen bereits, daß die Vorhöfe des Herzens mit ihren Kammern zusammenhängen; und so wird auch klar sein, wie die rechte Kammer das von ihrem Vorhofe erhaltene dunkelrothe Blut wieder zu den Lungen behufs seiner Erfrischung führen kann.

Zu größerer Verständlichkeit haben wir an den zwei Zeichnungen dem freundlichen Leser noch Einiges zu erklären. Er erblickt in Fig. I. das Herz von vorn und oben, in Fig. II. dasselbe von hinten und unten, die Gefäße aber nur bei ihrem Austritte aus dem Herzen und ihrem Rücktritte in dasselbe. In Fig. I. i sieht er die große Körperpulsader aus der linken Herzkammer aufsteigen, dann einen Bogen bilden, aus dem die großen Schlagadern für Hals, Kopf und Arme kommen, von denen hier die namenlose Schlagader (Fig. I. k), die linke Drosselschlagader (linke Carotis) (Fig. I. l) und die linke Armschlagader (Fig. I. m) sichtbar sind. Der Leser hat wohl schon öfters von tödtlichen Verletzungen und Blutungen am Halse gehört; in solchem Falle sind es die Drosselschlagadern, die lebensgefährlich verwundet waren. Fig. II. l zeigt die große Körperpulsader, wie sie nach dem oben erwähnten Bogen abwärts in die unteren Theile des Körpers geht, daher hier absteigende genannt. Weiter sehen wir von Blutadern die obere große Hohlader, welche das Blut aus den obern Theilen des Körpers zurückführt, bei ihrer Einmündung in den rechten Vorhof (Fig. I. g), sodann die untere Hohlader abgeschnitten (Fig. II. b). In Fig. I. h ist das rechte, in d (auch Fig. II. e) das linke Herzohr angedeutet. Das Herz selbst muß ernährt werden, hat daher einen eigenen Kreislauf, durch welchen das zwischen den großen Körperpulsadern und Körperschlagadern bestehende Verhältniß von ihm im Kleinen gleichsam wiederholt wird. Von den hierher gehörigen Gefäßen erblicken wir auf Fig. I. p den Ast einer Kranzschlagader und auf Fig. II. m eine große Kranzblutader, die ihr Blut, wie alle dunkelrothes Blut führenden Gefäße, in den rechten Vorhof ergießt. Wie aber werden nun diese Organe zu ihrer so verschiedenartigen und doch so harmonischen Thätigkeit gebracht? welches ist die treibende Kraft dieser wunderbaren Blutbewegung? Wir wissen, daß das rastlos thätige Herz es ist; aber wie? Das Blut hat keine eigene Bewegungskraft; die Natur mußte also für eine Einrichtung sorgen, welche die Fortleitung in den Gefäßen, welche wir uns als ein System von Röhren denken können, vermittelt. Das Herz stellt diese Vorrichtung dar, gleichsam

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853). Leipzig: Ernst Keil, 1853, Seite 93. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1853)_093.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)