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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853)

ich meine das Marienkäferchen, auch Gottesküh’chen, Gottesschäfchen genannt, hat ebenso in England und Frankreich seine zehnerlei Volksnamen.

Du siehst also, welch einen außerordentlichen Vortheil die wissenschaftlichen Namen gewähren.

Ich will Dir aber noch eine andere Seite der Sache vorhalten.

Du mußt im Auge behalten, daß nationale Benennungen neben den wissenschaftlichen für die Naturwissenschaft ganz ohne Bedeutung sind. Sie würden, wenn die Entdecker neben den wissenschaftlichen immer auch einen nationalen Namen bilden wollten, von den Naturforschern ganz unbeachtet bleiben. Wir würden also in Europa jedes Jahr im mindesten Falle 8000 neue Nationalnamen erhalten, denn 500 neue Thier- und Pflanzenarten werden jährlich mindestens entdeckt, die blos gemacht würden, um wieder vergessen zu werden. Warum? weil von ihnen nur äußerst wenige in’s Volk eindringen würden, welches nur selten von neuen Entdeckungen, weil diese meist seltene und ausländische Thiere und Pflanzen sind, Kenntniß nimmt. Die dem Volke von Alters her bekannten Thiere und Pflanzen haben schon Volksnamen, hier diesen, zwei Stunden davon oft schon wieder einen andern. Die läßt sich das Volk auch nicht nehmen, wenn es den Naturforschern auch einfallen sollte, einen davon gewissermaßen zu sanktioniren. Deutsche Thier- und Pflanzennamen, um als Deutsche zu reden, giebt das Volk ohne Zuthun der Gelehrten; ja gegen den Ausspruch derselben. Die Namengebung ist bei dem Volke Sache des Gemüths und der Einbildungskraft. Da läßt es sich nicht hineinreden.

Wo freilich für eine Thier- oder Pflanzenart ein deutscher Name vorhanden ist, da werde ich ihn gewiß stets brauchen, und den wissenschaftlichen blos zu mehrer Sicherheit vor Mißverständniß hinzufügen.

Ich denke so: Wenn Jemand Thiere und Pflanzen kennen lernen will, so muß er sich auch die Namen gefallen lassen, bei deren Nennung er sicher ist, daß keine Verwechselungen stattfinden. Hat ja doch jedes Gewerbe, denke dabei auch an die Waidmannssprache, seine eignen Benennungen. Ich möchte die Naturwissenschaft – versteht sich nicht mit gelehrter Gründlichkeit und Vollständigkeit – das Universalgewerbe jedes rechten Menschen nennen. Nun so muß auch jeder Mensch sich den Formen, wenn sie zweckmäßige sind, nach Kräften fügen. Ich kenne ja manchen Bauer und Handwerker, welcher in der naturwissenschaftlichen Namengebung ganz zu Hause ist und über seinen Sammlungen seinen Acker und seine Werkstatt durchaus nicht vernachlässigt.

Siehst Du, mein lieber Freund, so steht die Sache. Bist Du noch nicht beruhigt, so schreib’ mir weiter darüber.




Blätter und Blüthen.

Die dienende Classe in England. Die menschliche Gesellschaft ist darauf angewiesen, daß man sich gegenseitig ergänze, und aus diesen Leistungen des Einen für den Andern entspringt das Wohl Aller. Nur stehe Jeder recht auf seinem Platze, und leiste, was er sich zu leisten vorgesetzt, mit seinem besten Wollen, dann wird ihm auch Anerkennung nicht fehlen. Jede Arbeit hat ihren Werth, sobald sie wohlgethan ist. –

Die dienende Classe in einem Staate hat einen weiten Begriff. Wir verstehen darunter alle Jene, die ihre Leistungen, worin dieselben auch bestehen mögen, einer Person anbieten und von dieser, als Gegenleistung, eine bestimmte Summe empfangen. – Darum nennt sich in England jeder vom Staate besoldete einen Diener der Königin, obwohl die Königin dort nur nominell den Namen der Herrin führt, denn auch sie empfängt dort ihren Gehalt vom Staate. Ebenso nennt sich das Militär im Dienste der Königin, doch fließt auch dessen Sold nicht aus der Casse derselben, sondern aus der des Landes.

Die dienende Classe in einem Staate ist daher eine weit verzweigte und in jeder Sphäre des gesellschaftlichen Verbandes ist sie zu finden, und eigentlich nur der Landbesitzer und der Bürger, der ein Handwerk treibt, sind im weiteren Sinne nicht persönlich abhängig, sie dienen nicht. Man bezeichnet nun noch im Besonderen diejenigen als der dienenden Classe angehörig, die in eine Familie treten, um den Gliedern derselben jene Hülfe zu leisten, deren sie in der Führung des Hauswesens und auch sonst bedürfen. Sowohl Frauen als Männer wählen diesen Zweig der Beschäftigung, weil sie gleich aus dem älterlichen Hause, so wie sie herangewachsen sind, hierzu übergehen können, und keine Kosten der Erlernung eines Erwerbes damit verbunden sind. In England hat jede Familie ein eigenes Haus; je größer dasselbe ist, je mehr Hände sind erforderlich, um die Ordnung desselben zu erhalten. Ein ganz junges Mädchen sucht nun in einem recht großen Hause eine Anstellung zu bekommen, damit sie von den ältern und erfahrenern Dienerinnen lerne. Da giebt’s denn wieder verschiedene Zweige, denen sie sich widmen kann; entweder die Küche, oder das Haus, oder auch die persönliche Bedienung bei den Damen. Wählt sie die Küche, so wird sie als Küchenmädchen unter eine Köchin gestellt, die sehr erfahren ist und zwei bis drei hundert Thaler bekömmt. Sie muß aufwaschen, muß scheuern, putzen, aber immer nur in der Küche, die unter der Erde ist, was man das Souterain nennt. Früh Morgens ist sie die Erste auf und zündet das Feuer an und bereitet alles vor zum Frühstück. Die Köchin hat ein Zimmer neben der Küche an, wo sie mit den ersten Mädchen und Dienern frühstückt; die Küchenmagd aber bleibt in der Küche, wo sie ihren Thee mit Jenen trinkt, die, wie sie, erst ihre Lehrjahre durchmachen. Ebenso beim Mittagstische, denn auch dann liegt noch Arbeit vor ihr, die ihr verbietet reinlich und ordentlich gekleidet zu sein. Zum Abend aber, wo Jeder seine Aufgabe gemacht, da zieht sie ein sauberes Kleid an, setzt eine reine Mütze auf, und erscheint in einem großen Zimmer, wo nun das sämmtliche Personal zum fröhlichen Mahle versammelt ist.

In England verschließt man keine Speisen. Die Köchin schaltet und waltet mit den Vorräthen und zeigt an, wenn dieselben aufgezehrt sind. Sie erhält ihre Befehle und das Uebrige ist ihrem Ermessen überlassen. – Für die Diener

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853). Leipzig: Ernst Keil, 1853, Seite 141. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1853)_141.jpg&oldid=- (Version vom 11.4.2020)