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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853)

Ernst und mit gemess’nen Schritten geht der Truchseß auf und ab,
Hält das Zeichen seines Amtes in der Hand, den schweren Stab.
Leer noch ist der Saal, der Herold rief noch nicht aus den Gemächern
Mit Drommetenschall die Gäste zu den Schüsseln, zu den Bechern.

Sieh’ da springt herein ein Knabe, eines schwäbischen Fürsten Kind,
Bricht von einem schönen Kuchen sich ein Stücklein ab geschwind.
Flugs der Truchseß schlägt gewaltig auf das Haupt ihn mit dem Stabe.
Blutend, schreiend stürzt zu Boden der genäschige kleine Schwabe.

Auf dem Gang zum Speisesaale ruft des Prinzen Nothgeschrei
Seinen Führer Heinz von Kempten, den vielwerthen Mann, herbei.
Kaum erblickt der seinen Zögling auf dem Täfelwerk des Saales,
Als er rasch den Truchseß tödtet mit der Schärfe seines Stahles.

Wildes Lärmen, Schreien, Rennen durch den fürstlichen Palast;
Und es naht der junge Kaiser mit Gefolg in zorniger Hast.
Kein Gehör dem deutschen Ritter! Ohne Prüfung, ohne Fragen
Läßt er gleich den Stöcker rufen, Kempten’s Haupt vom Rumpf zu schlagen.

Kaum ist der Befehl ergangen, der Herrn Heinz das Leben kürzt,
Als verzweiflungsvoll des Ritters Kraft sich an den Kaiser stürzt;
Schlägt ihn mit der Faust in’s Antlitz und zerzaust ihm Bart und Locken,
Bis die Andern ihn bewält’gen, Alle schier zum Tod erschrocken.

„Willst Du so das Leben nehmen mir, dem ungehörten Mann,
Sei Dein Name schmachbelastet ewig und verflucht, Tyrann!
Und die späten Enkel mögen’s ein Geschlecht dem andern sagen,
Daß gerecht den Ungerechten ich in’s Antlitz Dich geschlagen!“

An der Pforte steht der Stöcker mit dem blanken Richterschwert,
Der nach seines Kaisers Spruche jetzt den schuldigen Mann begehrt,
Und die Hand, die fürchterliche, streckt er nach ihm aus, den Willen
Des Gebieters ohne Zaudern auf der Blutstatt zu erfüllen.

Doch der Kaiser spricht bedächtig; „Rühre mir sein Haupt nicht an!
Unverletzlich ist und heilig dieser pflichtgetreue Mann,
Der da ließ zur rechten Stunde mir mit seinen guten Fäusten
Ernstlich Mahnung angedeihen, Recht und Pflicht ihm treu zu leisten.“

Otto hört den Ritter Heinrich an mit Ruh und mit Geduld.
„Kann ich auch nicht ledig sprechen Dich von all und jeder Schuld,
Ist Dir meine doch noch größer, weil von bösem Zorn besessen,
Ich Dich ungehört verdammte und so Recht und Pflicht vergessen.

„Darum Dir zu Dank verpflichtet, der Du mich mit Manneskraft
Hast bewahrt vor Uebereilung meiner sündigen Leidenschaft,
Wir mit Kaiserwort Verzeihung Dir für Deine Schuld entbieten.
Nimm ein Roß aus unserm Stalle und zieh morgen heim in Frieden.“

 Ludw. Storch.






kann, ich darf – darf mein und ihr Unglück nicht freventlich vollenden durch diese Heirath.“

„Und Sie? O mein Gott, sie stirbt, wenn Sie die Unglückliche verlassen! Sie können, Sie werden’s nicht. Sie ist nur zu gut, zu rein, zu wahr für Sie!“

„Und mit diesem Urtheil und wohl wissend, was Sie thun, rathen Sie noch zu dieser Verbindung? Ich dachte, Sie müßten dieses reine, zarte Wesen wegreißen von einer so schrecklichen Bestimmung. Denken Sie nur einen Augenblick nach und dann entscheiden Sie. Verlangen Sie es, so heirathe ich Lusy; aber bedenken Sie, daß Ihr Bild immer zwischen uns sein und in Lusy’s Armen ich Ihren Schatten umarmen werde. Entscheiden Sie!“

„Doch ich war jedes Gedankens unfähig. Lusy’s Bild vor mir, verrathen, verlassen, hinsterbend, todt – mein kranker Vater – meine eigene Trostlosigkeit – Richterin zwischen Betrug und Falschheit – händeringend jammerte ich; „Haben Sie Mitleiden mit mir! W.....w! Nehmen Sie diese furchtbare Verantwortlichkeit von mir! Sie sind Mann, es ist an Ihnen, zu handeln und zu entscheiden. Das Geheimniß ist nur mir bekannt und ich werde bald in meine neue Heimath, fern von hier, abgeholt. Meine Schwester werden Sie lieben lernen, wenn die reinste, vollste Liebe Ihnen irgend etwas werth ist. Sie stirbt, wenn Sie sie verlassen. Retten Sie das herrliche Kind, retten Sie sich, retten Sie uns alle von dem namenlosen Unglück!“

„Sie haben mich getäuscht,“ antwortete er düster.

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853). Leipzig: Ernst Keil, 1853, Seite 148. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1853)_148.jpg&oldid=- (Version vom 11.4.2020)