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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853)

Ich kann nicht umhin, einer sonderbaren Idee zu erwähnen, welche Herr Pratt in seiner Rede aufstellte, und diese war: der Hauptgrund, warum die Vereinigten Staaten und Europa nicht das System der Vielweiberei annähmen, sei, daß die Männer oft schon zu geizig seien, um nur ein einziges Weib und ihre Kinder zu ernähren. Diese Erklärung eines Gebrauches, welcher bisher dem Tugend-Principe der Amerikaner und der Europäer zugeschrieben wurde, wird ohne Zweifel nicht wenige derselben überraschen. Die Heiligen bemühen sich auf alle mögliche Weise, Proselyten für ihre Religion zu machen. Sie schicken zu diesem Zwecke Missionäre nach jedem Theil der Erde aus. In einigen Tagen werden achtzig oder neunzig solcher Apostel des Mormonismus sich auf ihre Missionen begeben; einige derselben sind nach verschiedenen Theilen der Union, andere nach verschiedenen Ländern in Europa, und wieder andere nach China, Hindostan, Australien, die Sandwichs-Inseln und andern entfernten Gegenden bestimmt.

Diese Missionäre werden gewöhnlich von der ganzen Gemeinschaft der Heiligen gewählt, und bisweilen aufgefordert, in einer Zeit von acht oder zehn Tagen nach ihren weit entfernten Missionspunkten abzureisen. Sie erhalten keine Belohnung oder Bezahlung. Diese Pflicht erfüllen sie meistens mit Bereitwilligkeit und Freude.

In Betreff der Politik ist, wie ich glaube, unter den Mormonen sehr wenig oder gar kein amerikanischer Geist zu finden. Wenn sie je ein Gefühl der Zuneigung für die Regierung und die Institutionen des Landes hegten, so bin ich überzeugt, daß eine Reihe von Verfolgungen und Feindseligkeiten Seitens verschiedener Staaten dasselbe beinahe gänzlich in ihrem Gemüthe vertilgt hat. Sie sind mißtrauisch und unfreundlich gegen die Bürger der Vereinigten Staaten im Allgemeinen. Da ihr Gefühl gegen das Volk von dieser Art ist, so kann man natürlicherweise keinen andern Schluß ziehen, als daß das nämliche Mißtrauen und der nämliche Widerwillen sich auch auf die Regierung erstreckt, von welcher dieses Volk regiert wird. Diese verrätherischen Gefühle und Meinungen gegen die Nationalregierung herrschen in dieser Communität in einer größern Ausdehnung, als man gewöhnlich in den Staaten annimmt.

Wenn sich diese Gefühle noch nicht in einer offenen Rebellion oder in Mißachtung der Regierungsbehörden gezeigt haben, so geschieht dieses hauptsächlich, weil die Mormonen sich noch nicht auf ihre Stärke verlassen können, oder keine hinlängliche Provocation gefunden haben, die ein solches entschiedenes Auftreten rechtfertigen könnte. Ich denke, daß in einigen Jahren ihre Stärke zunimmt, und eine geeignete Gelegenheit wird dann diese Gefühle zur Ueberzeugung eines Jeden offenbaren. Ich gründe meine Meinung nicht so sehr auf positive Handlungen oder Aeußerungen, welche ich entweder gesehen oder gehört habe, als auf die Information, welche ich mir aus verlässigen Quellen verschaffte.




Ein Töpfchen Bier.

Geehrte Freunde und Freundinnen des Biers, Sie sind der Meinung, Ihr Töpfchen würde Ihnen noch besser schmecken, wenn Sie wüßten, warum es überhaupt gut schmecke; deshalb soll ich Ihnen die chemischen Geheimnisse enthüllen, unter denen Bier, gutes und schlechtes, entsteht.?

Bier, wie Sie alle wissen, besteht aus Malz, Hopfen und Wasser, wenigstens soll es nur aus diesen drei Dingen bestehen. Aber woraus besteht Wasser, Hopfen und Malz? Wasser, wenn es nämlich ganz rein ist, besteht aus zwei Arten Gas, welche die Chemie Sauerstoff und Wasserstoff nennt, und in die es leicht zersetzt werden kann. Ganz reines Wasser können wir nur durch Destilliren erhalten; Regenwasser schon enthält etwas Fremdartiges, eine Art Luft, die man Kohlensäure nennt und die in Perlen in ihm aufsteigt. Im Fluß- und Brunnenwasser sind überdies mancherlei Dinge aufgelöst, die in der Erde lagern, Gips z.B., Eisen u. A. Solche Beimischungen machen das Wasser hart und die Brauer sind bis auf den heutigen Tag noch nicht einig darüber, welchen Einfluß das Wasser, das sie zur Bereitung ihres Biers verwenden, auf die Beschaffenheit desselben habe.

Nun der Hopfen. Die Hopfenblüthe besteht ebenfalls aus Sauer- und Wasserstoff, außerdem aber aus Kohlenstoff, aus etwas Bitterem und einem Stoffe, der schläfrig macht, Aehnlichkeit mit Opium hat und Humulin heißt.

Malz endlich ist Gerste, die eingeweicht auf einen Boden ausgebreitet wird, da so lange liegen bleibt bis sie keimt, und in diesem Zustande in einem Ofen, auf einer Darre, gedörrt wird, bei größerer oder geringer Hitze, so daß sie eine gelbe, bräunliche oder dunkelbraune Farbe bekommt je nach der Farbe, welche das Bier erhalten soll. Das Malz, welches das schwarze Braunbier giebt, ist fast verbrannt oder verkohlt. Hier nun beginnen die chemischen Geheimnisse, denn bei dem Malzen geht in jedem Gerstenkorn eine wichtige Umwandlung vor. Die Gerste besteht ebenfalls aus Sauer-, Wasser- und Kohlenstoff, nebst etwas Stickstoff. Das Malz besteht aus nichts anderem, aber das Verhältniß der Mischung dieser Stoffe ist ein verschiedenes und jede Aenderung dieser Mischungsverhältnisse giebt etwas Anderes. Das Mischungsverhältniß der genannten Stoffe in der Gerste giebt das Stärkemehl, das im Malz aber den Zucker. Bei dem Keimen wird die Gerste süß, d. h. das Stärkemehl in ihr verwandelt sich in Zucker. Die Natur sorgt als gute Mutter stets für das junge Pflänzchen, indem sie in dem Samenkorn, aus dem es aufsproßen soll, die Nahrung, aus Stärkemehl Zucker, bereitet. Diese Umänderung nennt man die Zuckergährung.

Der erste Schritt zur Bierbereitung ist nun das Maischen, d. h. die Herstellung eines Aufgußes von Malz, wodurch das Beste aus demselben, das Süße, der Zucker, in den das Stärkemehl der Gerste umgeändert worden, ausgezogen

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853). Leipzig: Ernst Keil, 1853, Seite 151. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1853)_151.jpg&oldid=- (Version vom 11.4.2020)