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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853)

durch straffes Binden der Unterröcksbänder und enge Kleider; beim Manne durch enge Westen und Hosenbunde, durch Uniformen und Riemenzeug. Es wird sodann auch so gut wie nichts zum Weitmachen der Brust gethan, obschon dies sehr leicht durch zweckmäßiges Turnen und kräftiges Athmen zu ermöglichen ist. Auch die Athmungs-Muskeln, welche das Erweitern (das Einathmen, die Inspiration) und das Verengern der Brusthöhle (die Expiration, das Ausathmen) besorgen, lassen sich durch zweckmäßige Uebungen kräftigen, abgesehen davon, daß sie durch die richtige Blutbildung mit Hülfe einer guten Kost und Luft, immer in ihrer gehörigen Structur und Zusammenziehungsfähigkeit erhalten werden können. Die Lungen als die eigentlichen Luftbehälter und Umwandlungsstätten des Blutes, bedürfen vor Allem der gehörigen Weite, sowie der richtigen Ausdehnungs- und Zusammenziehungsfähigkeit, wenn sie das Athmen ordentlich unterhalten sollen. Zu diesem Zwecke trägt aber ein gutgebauter und kräftig bewegter Brustkasten, sowie eine gute Luft das Meiste bei; sodann läßt sich noch durch langsames und tieferes Athmen in reiner Luft, durch mäßiges Singen und Blasen (von Instrumenten und durch Röhren) günstig auf die Lungen einwirken.

3) Eine dritte Bedingung, wenn das Athmen in seinen weitern Folgen dem Körper den richtigen Nutzen bringen soll, ist, außer einer guten atmosphärischen Luft und einem guten Athmungsapparate, auch noch ein in Menge und Beschaffenheit normaler Verbrennungsstoff für den beim Athmen innerhalb der Lunge in das Blut eingeführten Sauerstoff. Dieses Feuerungsmaterial, durch dessen Verbrennung die Eigenwärme des Körpers entwickelt wird, ist nun seinem Zwecke nach dreifacher Art: 1) Eiweißstoff, welcher durch den Sauerstoff allmälig zu solchen Materien verwandelt wird, die dem Körper seine hauptsächlichste Grundlage geben, wie Fleisch, Knochen, Bänder, Gefäße und Nerven u. s. f. Diesen Eiweißstoff müssen wir deshalb durch die Nahrung (welche vorzugsweise thierische sein muß) in der gehörigen Menge zu uns nehmen, damit der Körper richtig ernährt werde und der Sauerstoff im Blute nicht falsche Stoffe verbrennen kann. 2) Fett, welches bei seiner Verbrennung durch den Sauerstoff hauptsächlich in Kohlensäure umgewandelt wird, die sich dann durch die Lungen (und Haut) aus dem Körper wieder entfernt. Anstatt des reinen Fettes (Fleischfett, Butter, Eidotter, Oele, Leberthran u. s. w.) können wir zur Unterhaltung dieser Verbrennung auch solche Nahrungsstoffe genießen, die dem Fette ähnlich zusammengesetzt im Körper allmälig zu Fett umgewandelt und dann theilweise verbrannt werden (wie: Zucker, Stärke, Spiritus, Sago, Arrow-root, isländisches Moos und Caraghen, Salep und Leinsaamen, Gummi u. s. w.). Der Theil des Fettes, welcher nicht verbrannt wird, geht mit dem Eiweiß in die Zusammensetzung des Körpers ein und deshalb gebraucht dieser letztere eine ziemlich große Menge vom Fette oder doch von fettbildenden Stoffen. 3) Abgestorbene Körperbestandtheile bilden das dritte Feuerungsmaterial. Sie werden als solche natürlich nicht von außen, durch die Nahrung, wie das Eiweiß und das Fett, in unsern Körper eingeführt, sondern bilden sich erst innerhalb desselben, aber fortwährend und zwar durch das theilweise Zerfallen unserer Körperbestandtheile (die früher aus Eiweiß und Fett gebildet worden waren) während ihres Thätigseins. Diese wieder in den Blutstrom aufgenommenen alten Mauser-Stoffe verbrennt der Sauerstoff allmälig zu Kohlensäure, Wasser und solchen eigenthümlichen Materien (Auswurfsstoffen), die hier und da im Körper durch bestimmte Absonderungs-Organe (Nieren, Leber, Haut, Lungen) ausgeschieden werden und unter denen der mit dem Urin in den Nieren abgesonderte Harnstoff eine große Rolle spielt. – Diese genannten Verbrennungsstoffe müssen nun hinsichtlich ihrer Menge stets in dem richtigen Verhältnisse zur Menge des in das Blut eingenommenen Sauerstoffs stehen, wenn nicht falsche Verbrennungen und dadurch die Bildung abnormer Stoffe, also eine krankhafte Beschaffenheit des Blutes zu Stande kommen soll. Leider sind uns diese falschen Verbrennungsprozesse und die daraus hervorgehenden Krankheitsprodukte noch ziemlich dunkel. Am deutlichsten zeigt sich allenfalls noch eine solche falsche Verbrennung bei der Gicht, wo nämlich ein Theil der abgestorbenen Körperbestandtheile und des in zu großer Menge in den Körper eingeführten Eiweißes durch den Sauerstoff nicht ganz bis zu Harnstoff, sondern nur zu Harnsäure verbrannt zu werden scheint, welche sich dann in Verbindung mit Salzen in den Gelenken (als Gichtknoten) aus dem Blute ablagert. Zur Heilung der Gicht würde es deshalb nöthig sein, daß entweder mehr Sauerstoff oder weniger von jenem Verbrennungsstoffe dem Blute zugeführt werde, da die Schuld dieser falschen Verbrennung entweder die zu geringe Menge von Sauerstoff oder die zu große Quantität des Verbrennungsmaterials trägt. Vielleicht gehören zu den Folgen falscher Verbrennungen auch die Tuberculose (Knotensucht, Lungensucht), die englische Krankheit (Knochenerweichung), die Scrophulose, der Krebs etc.; jedoch sind dies bis jetzt nur noch Vermuthungen. So viel steht aber fest, daß Unordnung in der Ernährung (Gesundheit) des Körpers einreißt, wenn die Verbrennungen im Blute in Folge gestörten Athmens nicht richtig von statten gehen.

Fassen wir nun schließlich die Regeln, durch deren Befolgung ein richtiges Athmen vor sich gehen und dadurch die Gesundheit erhalten werden kann, kurz zusammen, so sind dieselben folgende:

1) Athme stets eine gute atmosphärische Luft ein. Da sich dies aber nicht immer bewerkstelligen läßt, so muß man wenigstens so oft als möglich in freier Luft tief athmen und sich dabei zweckmäßig bewegen. Auf die Wahl der Schlafzimmer ist natürlich die größte Sorge zu verwenden.

2) Strebe nach guten Athmungsorganen d. h. nach gehöriger Weite und Beweglichkeit des Brustkastens, nach kräftigen Athmungsmuskeln und nach Lungen, die sich ordentlich ausdehnen und zusammenziehen können.

3) Liefere dem Sauerstoffe im Blute das richtige Verbrennungsmaterial. Dieses Material besteht theils aus Eiweiß und Fettstoffen, welche sich in den verschiedenen Nahrungsmitteln in größerer oder geringerer Menge vorfinden, theils aus den Gewebs-Schlacken, die sich durch das Thätigsein und Mausern der Organe, welche den menschlichen Körper zusammensetzen, bilden.

Man könnte den gesammten Athmungsprozeß einiger-Maßen mit unserer Ofenfeuerung vergleichen; der Ofen mit den Rohren und der Esse stellt den Athmungsapparat

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853). Leipzig: Ernst Keil, 1853, Seite 186. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1853)_186.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)