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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853)

findet man auch auf neuern Sternkarten diese Sternbilder ganz und gar weggelassen und die zu einem solchen Bilde gehörigen Sterne durch eine einfache Linie umgrenzt. Auf einigen Karten fehlt selbst letztere und man findet blos die Sterne und die Linien der himmlischen Meridiane und Breitegrade verzeichnet. Ich muß mich hier so verständlich wie möglich machen. So wie nämlich der Geograph weit genauer die Lage einer Stadt bestimmt, wenn er ihre geographische Länge und Breite angibt – und was geographische Länge und Breite ist, weiß jeder Schulknabe – als wenn er blos das Land oder die Provinz oder den Bezirk nennt, in welchem sie liegt; eben um so sicherer geht der Astronom, wenn er anstatt zu sagen, der Stern liegt in diesem oder jenem Sternbilde, lieber sagt: der Stern liegt unter dem oder dem himmlischen Länge- und Breitegrade. Der Astronom drückt das nur etwas anders aus. Er sagt nicht Längegrad, sondern nennt es die Gradaufsteigung oder rectascensio; auch sagt er nicht Breitegrad, sondern Abweichung oder declinatio. Wie es aber auf unsern Landkarten nördliche und südliche Breitegrade gibt, ebenso gibt es auf den Himmelskarten nördliche und südliche Abweichung oder nördliche und südliche declinatio. Wenn Du daher, mein Leser, am Rande der Sternkarten die lateinischen Buchstaben R. A. und D. findest, so bedeuten sie die Worte Rectascensio und Declinatio und bezeichnen die himmlischen Länge- und Breitegrade.

Was nun die Bezeichnung der Einzelsterne anbetrifft, so haben die der ersten und zweiten Größe, wie auch eine kleine Anzahl der dritten und vierten ihre besondern Namen, die fast größtentheils der arabischen Sprache entnommen sind, da sich eine geraume Zeit in früheren Jahrhunderten die astronomische Wissenschaft unter den Arabern einer hohen Blüthe erfreute. Allerdings sind im Laufe der Jahrhunderte diese Namen sehr verstümmelt worden, so daß man aus verschiedenen Namen die ursprüngliche Bedeutung kaum herausfindet. Im Vorbeigehen sei hier bemerkt, daß alle sieben Sterne unsers Himmelswagen arabische Namen haben, und daß diese Sterne nicht zu allen Zeiten und bei allen Völkern den Namen „der Wagen“ führten. Im Königreiche Aegypten hießen diese Sterne die sieben Dreschochsen und in noch frühern Zeiten waren sie den Indiern unter dem Namen der Todtenbahre und der drei Klageweiber bekannt.

Uebrigens fährt dieser himmlische Wagen nicht wie es die Wagen auf Erden thun, vorwärts, sondern er wird rückwärts geschoben, die Deichsel hinterdrein, alle vierundzwanzig Stunden um den berühmten Polarstern herum, dessen interessante Bekanntschaft wir später zu machen Gelegenheit haben werden.

Wie bezeichnet man aber nun die Sterne, die keine besondern Namen haben? Hier bedient man sich des griechischen Alphabets; der hellste Stern jedes Sternbildes heißt jedesmal a (alpha), der minderhelle ß (beta), u. s. f. Reicht das griechische Alphabet nicht aus, nimmt man das lateinische zu Hülfe. Bei manchen Sternverzeichnissen und Sternkarten sieht man von der Buchstabenbezeichnung ganz ab und zählt einfach von Eins an bis in die Tausende.

Das wären die nothdürftigsten Bemerkungen über die Zahl, Eintheilung und Bezeichnung der Fixsterne.

Man würde indeß sehr irren, wenn man nach dem hellern oder schwächern Glanze dieser Sterne auf ihre Größe und Entfernung schließen wollte. Ein kleines, dem unbewaffneten Auge völlig unbekanntes Sternenfünkchen kann eine größere Sonne sein als der Sirius, welcher als prachtvollster Fixstern am Himmel funkelt; Sternleins von zehnter, zwölfter Größe können uns näher stehen als die strahlenden Gestirne des Orion. Bei der schärfsten Vergrößerung unserer Fernröhre wachsen die Fixsterne nicht wie die Planeten zu kleinen Scheiben an, sie bleiben dieselben Lichtpunkte; nur daß sie klarer aus dem Abgrunde der Welten herüberschauen.

Wie ist aber ein Lichtpunkt, wo Anfang und Ende zusammenfällt, zu messen, zu berechnen, seine Entfernung zu bestimmen? Und gleichwohl ist es den neuern Entdeckungen der Astronomie, dem Forschergeiste, der Beobachtungsgabe und dem Scharfsinne der Priester dieser himmlischen Wissenschaft in neuester Zeit gelungen, die außerordentlichsten Resultate zu erzielen und so der Lösung des großen Problems, des Räthsels aller Jahrtausende „wie fern stehen uns jene Sonnen?“ näher und näher zu kommen.

Diese hochwichtige Frage: wie fern stehen jene Sonnen? würde uns aber für heute in ein zu umfangreiches Gebiet führen. Ihre Beantwortung bleibe der nächsten Mittheilung vorbehalten.




Blätter und Blüthen.

Das Lynchgericht in Californien. Ein Europäer hat gar keinen Begriff davon, wie wesentlich dies Lynchen gegenwärtig noch ist; nur ein Monate langes Leben in den Bergen könnte es ihm lehren. Denkt euch, ihr steht auf dem Gipfel eines Hügels in einem Fichtenwalde; die Stumpfen gefällter Bäume stehen umher; Reihen schindelgedeckter Blockhäuser an den Abhängen des Hügels bilden die Stadt. Oben ist eine Schaar rauhaussehender, bärtiger Männer in Filzhüten, rothen Flanellhemden und großen Stiefeln. Sie erwählen einen Präsidenten durch Acclamation, und Einer aus dem Haufen, auf einen Baumstumpf

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853). Leipzig: Ernst Keil, 1853, Seite 295. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1853)_295.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2020)