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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853)

man ihnen oft zu Pferd und zu Esel. Die Ausrüstung dieser Leute ist fast immer die gleiche. Ueber der Schulter hängt die Flinte; im Gurt steckt der beliebte Revolver, eine Art Pistol mit einem Lauf, aus welchem fünf bis sechs Schüsse hintereinander abgefeuert werden können. Hacke, Schaufel, das nothwendigste Küchengeschirr und die unerläßliche Küpe fehlt ebenso wenig. Sobald die Goldgräber in der zum Aufenthalt erwählten Gegend angekommen sind, beginnen sie von der dem Anschein nach günstigsten Stelle Besitz zu nehmen, die damit ihr zeitweiliges Eigenthum wird.

Während die Einen noch die Zelte aufschlagen und wohnliche Einrichtungen treffen, schreiten die Andern sofort mit ihren Werkzeugen zur Untersuchung des Bodens. Zu diesem Zwecke wird vorerst ein Loch von 3, 4–6 Fuß Tiefe gegraben, alsdann die Küpe (eine Art blecherner Schüssel) mit der ausgegrabenen Erde gefüllt, und diese am Ufer eines Flüßchens ausgewaschen. Jenachdem sich die Erde hierbei goldhaltig zeigt, wird nun mit der Arbeit fortgefahren oder an einer andern Stelle begonnen.

Unter Mühseligkeiten aller Art, oft bei einer durch nichts gemilderten wochenlang anhaltenden afrikanischen Gluth, auf die wieder monatlanges kühles Regenwetter, Regen in Strömen, folgt, häufig bei Mangel an Lebensmitteln und Wasser, wird jetzt das Auswaschen der Erde fortgesetzt. Man bedient sich hierzu zweier Instrumente, die unter den Namen „Wiege“ und „Longtom“ bekannt sind. Die Wiege, deren man sich auch in andern Theilen Amerikas von jeher zum Goldwaschen zu bedienen pflegte, besteht aus einem 7–8 Fuß langen Kasten, über dessen gerundeten Boden kleine hölzerne Kloben in der Quere eingenagelt sind. Am obern Ende der Wiege befindet sich ein grobes Sieb, am untern Ende ist sie offen. Das Ganze ruht auf Schaukelbalken.

An einer solchen, immer nahe an dem Ufer eines Flusses oder Baches aufgerichteten Maschine müssen mindestens vier Menschen arbeiten. Der Eine gräbt die goldhaltige Erde aus, der Zweite trägt sie zur Maschine und wirft sie auf das Sieb, der Dritte hält die Wiege durch Schaukeln in anhaltend starker Bewegung, und der Vierte gießt währenddem Wasser darüber. Die größern Steine werden von dem Sieb zurückgehalten, die erdigen Theile spühlt das Wasser schnell fort, die härtern und das Kies rollen nach und nach am untern offnen Ende der Maschine heraus; das Gold selbst, mit einem schweren, feinen, schwarzen Sand vermischt, bleibt hinter den Kolben sitzen. Das so vermischte Gold läßt man alsdann in Pfannen laufen, in denen es der Sonne ausgesetzt bleibt, bis es gänzlich trocken, worauf der Sand einfach weggeblasen wird und das Gold in glänzenden Körnern zurückbleibt.

Das Auswaschen mit dem Longtom erfolgt nahe hin auf dieselbe Weise. Letzteres Instrument wurde an Ort und Stelle von einem Amerikaner Namens Tom erfunden, und da man es gewöhnlich 10–12 F. lang macht, so hat man seinem ursprünglichen Namen das Beiwort „long“ hinzugefügt.

Die frühern enormen Preise für alle Lebensbedürfnisse sind gegenwärtig, mit Ausnahme der Zeit, wo die Flüsse austreten und alle Communication abschneiden, zu einer mäßigen Höhe herabgesunken, so daß sich ein Mann zu 1 Thlr. 10 Ngr. täglich recht gut beköstigen kann. Je tiefer in’s Innere des Landes die Goldgräber aber vordringen, mit desto größern Beschwerden und Gefahren haben sie zu kämpfen, und oft bildet der Tod von wilder Indianerhand den Schlußstein eines vielbewegten Lebens. Ja, eines vielbewegten Lebens! Denn die neue golddürstige Bevölkerung Californiens ist nicht nur aus fast allen Ländern der Erde zusammengewürfelt, sondern sie besteht auch aus einem Gemisch, zu dem alle Klassen der bürgerlichen Gesellschaft ihren Antheil geliefert haben. Kaufleute und Gelehrte, Officiere und Advokaten, Aerzte und Künstler, Handwerker und Matrosen, jeder Stand ist hier repräsentirt. Daneben suchten Alle, die in irgend einem Lande aus diesem oder jenem Grunde Freiheit oder Leben verwirkten, hier eine Freistatt. Das Leben eines Goldgräbers ist übrigens so über alle Maaßen beschwerlich, daß es nur kräftige Naturen ertragen können, und selbst diese sind häufig gezwungen, die mühselige Beschäftigung aufzugeben. Die alten europäischen Gewohnheiten müssen dabei gleich von vorneweg aufgegeben werden, und von einem veredeltern Genuß des Lebens ist keine Rede mehr. Unausgesetzt an seine geisttödtende Arbeit gefesselt, sucht der Goldgräber höchstens im Wein und andern Spirituosen einige fröhliche Augenblicke, und versinkt in vielen Fällen nach und nach in den Zustand thierischer Rohheit. Es muß daher selbst der brave Mann sehr festen Charakters sein und eine große Selbstbeherrschung besitzen, um nach Jahresfrist die Minen eben so sittlich und gebildet zu verlassen als er sie betreten hat.




Das Material zum großen Weltenbaue.

Nur etwa 63 Stoffe brauchte der große Weltenschöpfer, um unsere Erde mit Allem, was auf ihr kriecht, fliegt und liegt, sowie wahrscheinlich auch die ganze Welt aufzubauen, obschon dieselbe so reich an den verschiedenartigsten lebenden und leblosen Gegenständen ist. Zur Zusammensetzung des Menschen und der Thiere reichten schon 15 dieser Stoffe hin, während in den Pflanzen gegen 18 derselben gefunden werden. Man nennt diese, die Grundlage aller Naturgegenstände bildenden Stoffe, welche der Scheidekünstler in keine andern Stoffe weiter zerlegen kann. „Elemente oder Grundstoffe.“ Sie sind in so außerordentlich ungleichem Verhältnisse in der Natur vertheilt, daß die Hälfte derselben nur mit Schwierigkeit aufzufinden ist, während

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853). Leipzig: Ernst Keil, 1853, Seite 302. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1853)_302.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2020)