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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853)

bringen mich natürlich auf die befördernden Kräfte: die Zugthiere. Dies sind im ganzen Königreich Murcia fast nur Maulesel. Pferde sieht man hier wenig; Maulthiere fast nie; dafür desto mehr Esel. Esel und Esparto, Esparto und Esel – darauf beruht der Transport fast aller Dinge im Königreich Murcia. Es ist nicht übertrieben, wenn ich sage, daß ich bei einer halbtägigen Durchwanderung eines Bergwerkdistriktes der Sierra de Cartagena 2000 Esel gesehen habe, die in Espartokörben das Erz und die Kohlen nach den Hütten trugen. Ich wüßte auch in der That nicht, wie ohne Esel in diesen Berglabyrinthen die Beförderung des Erzes bewerkstelligt werden sollte. Als ich von Cartagena wegreiste, begegneten mir zahlreiche mit Espartowaaren beladene Esel. Ich möchte sagen, ein mit Esparteria beladener Esel auf einer Murcianischen Einöde könne das Symbol des Königreichs Murcia abgeben. Dazu sitzt nicht selten die Frau des Arriero mit einem Säugling noch obendrauf, während der Mann den Esel antreibt; und nicht selten bin ich an die Bilder der „Flucht nach Egypten“ erinnert worden. Uebrigens ist das Reisen, wenigstens im Königreiche Murcia, keineswegs so bequem und fördersam als in Deutschland. Beiwagen zu den Diligencias und Correos giebt man nicht; man muß also auf viel besuchten Straßen oft lange auf einen Platz warten. Mir blieb nichts übrig, als auf 2 Monate eine Tartana zu miethen. Diese kostet mich mit einem Mogo, Diener, der mich bei meinen Streifereien zu Fuß begleitet, täglich 2 Thaler. So kann ich täglich höchstens 10 Leguas machen, denn es geht rein gesagt im Takte eines deutschen Frachtwagens. Dies auf dem entsetzlichsten Wege in einer baum-, haus- und wasserlosen Gegend - dies darf ich recht billig unter die Schattenseiten spanischen Lebens setzen. Neben der uns Deutschen unglaublichen Unbekanntschaft des Spaniers mit dem Auslande – Gebildete nannten mehr als einmal den Erzherzog Albrecht den Bruder „meines Kaisers!“ – zeigen sie doch schnell eine große Theilnahme und Wißbegierde für Ausländisches, vornehmlich Deutsches. Dabei entwickelt der Spanier niederen Standes eine gewisse noble und würdevolle Haltung, welche ich mir mit seinem stolzen Charakter zu erklären suche. Er mag gern Neues hören, sehen, lernen; aber er schämt sich, blicken zu lassen, daß es ihm Neues ist. Meine Ankunft in der Posada hier war bald für die ganze Straße ein kleines Ereigniß. Man war nicht nur durch die seltsame Belastung meiner Tartana mit Kisten und Kasten, Botanisirbüchse, Insektenkästen, Hämmern und dergleichen auf mich aufmerksam geworden, sondern auch dadurch, daß ich sofort vom Marktplatze einen Schneckenverkäufer kommen ließ, um Schnecken, und doch nicht „zum Essen,“ zu kaufen. Binnen einer halben Stunde hatte ich nach und nach 12 Männer, manchmal vier auf einmal, auf meinem Zimmer; theils aus den mittleren theils aus den unteren Ständen. Aber alle zeigten dieselbe gemessene, anständige Haltung, durch welche sich der Spanier sehr auszeichnet.

Eine große Rolle spielt im Tageslauf eines Spaniers das Verfertigen und Rauchen eines Cigareto. Die harten Hände des Tagelöhners drehen im Umsehen mit dem kleinen Stückchen Seidenpapier, deren man aus einem deutschen Thalerschein 4 schneiden kann ein Cigareto und ehe man es denkt, ist es geraucht und auch schon wieder ein neues gedreht. Geht man mit brennender Cigarre auf der Straße, so bleibt oft ein zerlumpter Kerl vor Einem stehen und langt nach der Cigarre. Hat er daran die seinige angezündet, so erhält man mit einer graziösen Handbewegung sein Darlehn zurück. Gesprochen wird dabei meist kein Wort.

Der Volksgesang, den man zur Guitarre oder ohne so oft hört, ist meist ein wahres Schrecken für deutsche Ohren. Ich weiß nicht, welche von folgenden Bezeichnungen die richtigen sind. Er klingt, als wenn ein Betrunkener eines Anderen Gesang brüllend und dehnend nachäfft; oder als wenn ein Zorniger gezwungen wird, seinen Zorn im Gesange allmälig zu beschwichtigen.

Doch mein Plätzchen in der „Gartenlaube“ ist wohl ausgefüllt. Es ist Zeit, zu Bett zu gehen; morgen lasse ich mich bis Velej Rubio, dem himmlischen Granada wieder um etwas näher, fuhrwerken. Mein Leben ist hier nun einmal bis auf die Minute ausgetheilt und eingetheilt.




Aus der Gewerbswelt.

Mitgetheilt von Friedrich Georg Wieck.
Geist und Gas.

Das Wort Gas, wodurch eine Luftart bezeichnet wird, ist uns von England überkommen, woselbst man unser deutsches Wort „Geist“ zu Gas umformte. Der deutsche Geist muß sich manches gefallen lassen. Die alte Chemie bediente sich des Wortes Geist für etwas Belebendes, Kräftigendes, Luftförmiges: so Salzgeist, Hirschhorngeist, Holzgeist; daher der Uebertrag von Geist in Gas. Unsere Landwirthe und Händler ziehen aber den Ausdruck Spiritus dem Ausdruck Branntweingeist vor, welcher letzterer allerdings nicht besonders angeschrieben steht, während ersterer eine bedeutende Grundlage großen landwirtschaftlichen Betriebs in manchen Gegenden Deutschlands bildet. Doch dies beiher! Unsere heutige Aufgabe ist Gas, und zwar Leuchtgas, Steinkohlengas, welches gewiß Keinem von unseren Lesern unbekannt sein dürfte; daher wir auf eine nähere Beschreibung desselben hier nicht weiter eingehen.

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853). Leipzig: Ernst Keil, 1853, Seite 338. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1853)_338.jpg&oldid=- (Version vom 13.4.2020)