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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853)

No. 32. 1853.
Die Gartenlaube.


Familien-Blatt. – Verantwortlicher Redakteur Ferdinand Stolle.


Wöchentlich ein ganzer Bogen mit Illustrationen.
Durch alle Buchhandlungen und Postämter vierteljährlich für 10 Ngr. zu beziehen.


Schuld um Schuld.

Geschichte aus der neuesten Zeit.
I.

In einem eleganten, mit allem Luxus des Reichthums und der höhern Stände verschwenderisch ausgestatteten Zimmer, ereignete sich eine Scene, welche wenig zu diesem Glanz der Umgebung paßte.

Der Hausherr, Commissionsrath von Buchau war mit seinem Sohne Ludolf, einem jungen Referendar, in heftigem Wortwechsel. Mit vor Wuth bebender Stimme und Angst zugleich rief der Vater: „Das Zuchthaus ist mir gewiß – meiner Gattin und Tochter; Deiner Mutter und Schwester Elend und Schande und Dir selbst nicht minder – Du hast es in Deiner Hand, dies Alles von uns zu wenden – aber Du willst nicht – o wehe mir, daß ich einen solchen Sohn habe!“ Die stattliche Gestalt des angehenden Sachwalters, dem man sein Alter sonst nicht ansah, erschien in diesem Augenblick zusammengesunken und in ihrer ganzen Haltung geknickt gleich der eines altersschwachen Greises.

Der Sohn lehnte an einem Pfeilertisch von glänzendem Marmor und es war, als ob die fieberheißglühenden Hände Kühlung auf dieser steinernen kalten Platte suchten. Mit dem wohltönenden Klang eines schönen Organes sagte er gedämpft: „Aber was Sie von mir verlangen, ist nicht mindere Schande! Ich soll ein Weib heirathen – weil es Geld hat – das ist freilich eine Nichtswürdigkeit, die täglich geschieht und die eben nur deshalb von der Welt nicht verdammt wird, weil man durch Gewohnheit gegen dies Vergehen so sehr abgestumpft ist, daß sogar die Klugheit es nicht nur entschuldigt, sondern sanctionirt. Aber Sie verlangen noch Schlimmeres von mir: ich soll ein Weib heirathen, das mir zuwider ist, das ich verachte – ein Weib, das der allgemeinen Verachtung anheim gefallen! Ich soll meinen ehrlichen Namen hergeben und –“

„Halt!“ unterbrach ihn der Vater mit einem unheimlichen Lächeln: „Du wirst morgen nicht mehr mit einem ehrlichen Namen prunken können, wenn Dein Vater in’s Gefängniß wandert und Dich vielleicht ein Verdacht der Mitschuld trifft!“ Er sah, wie Ludolf bei diesen Worten zusammenzuckte, und um den Eindruck derselben zu benutzen, fuhr er fort: „Fräulein Zahring

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853). Leipzig: Ernst Keil, 1853, Seite 343. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1853)_343.jpg&oldid=- (Version vom 13.4.2020)