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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853)

Ueber die Zusammensetzung des Menschen, der Thiere und der Pflanzen.

Einleitung in die Nahrungslehre.


Pflanzen, Thiere und Menschen verzehren sich fortwährend gegenseitig und dadurch eben können sie sich in ihrem Bestehen auf unserer Erde bis in alle Ewigkeit erhalten. Der Mensch genießt tagtäglich Pflanzen- und Thierstoffe und sein ganzer Körper wird nach dem Tode eine Nahrung für Thiere und Pflanzen, während er bei seinem Leben auch schon eine Menge von Stoffen von sich gibt, welche zum Gedeihen der Pflanzen und Thiere beitragen. Die Pflanze konnte aber zu einer Zeit schon wachsen und gedeihen, ehe es noch Thiere und Menschen auf unserem Erdboden gab und diese Pflanzen werden in ihren halbverbrannten Ueberresten jetzt von uns als Steinkohlen verbrannt. Die Möglichkeit dieses damaligen einsamen Gedeihens der Pflanzen liegt darin, daß diese überhaupt die Fähigkeit besitzen, unorganische Stoffe (wie Luft, Wasser, Erde und Mineralien) so zu verdauen, daß sie endlich zu Pflanzenstoffen werden; eine Fähigkeit, welche Thieren und Menschen abgeht, denn diese brauchen durchaus eine Pflanzen- oder Thiernahrung zu ihrem Leben. Dies ist der Grund, weshalb diese Organismen erst nach der Erschaffung von Pflanzen auf unserer Erde sichtbar werden konnten. Eine andere Ursache, welche die Pflanze vor den Thieren und Menschen bestehen ließ, ist die, daß damals, als die ersten Pflanzen auf der Erde hervorwuchsen, die Atmosphäre enorm reich an Kohlensäure gewesen sein muß. Dieser Stoff (s. Gartenlaube Nr. 28 S. 305) ist es nun aber, welcher die Hauptnahrung der Pflanze ausmacht, während er für Menschen und Thiere Gift ist; ein Stoff, der zur jetzigen Zeit, wo sich die Atmosphäre ziemlich gereinigt von Kohlensäure zeigt, von Thieren und Menschen in großer Menge ausgehaucht wird, während die Pflanze diesen für die genossene Kohlensäure den Sauerstoff, die Lebensluft spendet (s. Gartenlaube Nr. 28 S. 304).

Von den Thieren erhalten sich die meisten und zwar die mit einfacherer Körperbildung (die sog. niedrig organisirten) nur von Pflanzenstoffen, während die höher organisirten Thiere, mit zusammengesetzterem, dem menschlichen ähnlichen Baue, entweder von pflanzlicher oder thierischer Nahrung leben. – Der Mensch kann nun aber blos bei einer Nahrung gehörig gedeihen, welche theils aus dem Thier-, theils aus dem Pflanzenreiche stammt, somit also eine gemischte ist, und er muß, will er gesund bleiben, aus beiden Reichen alle die Stoffe in der gehörigen Menge und Beschaffenheit genießen, aus denen auch sein eigener Körper gebildet ist. Naturgemäß wird er deshalb diesen Genuß nur dann einrichten können, wenn er ordentlich weiß, welche Substanzen seinen eigenen Körper zusammensetzen und welche Stoffe sich in seiner Nahrung, nämlich in den einzelnen Pflanzen- und Thiertheilen befinden.

A.0 Pflanzenkörper.

Die Pflanze, welche aus Zellen, Fasern und Röhren oder Gefäßen aufgebaut ist, besteht in ihrer Grundlage aus Wasser und aus einem Stoffe, welcher Pflanzenfaser oder Cellulose genannt wird, der aus Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff und, weil er keinen Stickstoff enthält, dem Fette, der Stärke und dem Zucker ähnlich zusammengesetzt ist. Dieser Stoff ist es, aus welchem das Holz, die Baumwolle, die Leinwand und das Papier hervorgeht, und welcher durch seine Verwesung und Fäulniß die Dammerde (Humus) und den Torf, durch seine Verkohlung die Stein- und Braunkohlen bildet. In den von Pflanzenfaser gebildeten Zellen der Pflanzen finden sich sodann folgende, für die Ernährung unseres Körpers höchst wichtige Stoffe vor: die Stärke, auch Stärkemehl oder Amylum genannt, ein der Pflanzenfaser und dem menschlichen wie thierischen Fette ähnlich zusammengesetzter, stickstoffloser Stoff, aus dem sich allmälig beim Wachsthum und Blühen der Pflanze, sowie beim Keimen der Samen und Reifen der Früchte, mehrere andere Stoffe hervorbilden, die aber auch keinen Stickstoff enthalten und ebenfalls dieselbe Zusammensetzung wie Fett haben: es sind Zucker, Gummi, Schleim und Gallerte. Der Zucker kann sodann außerhalb der Pflanze in Folge der Gährung, in Spiritus (Alcohol) und dieser weiter in Essigsäure verwandelt werden, also ebenfalls wieder in stickstofflose Materien. – Von weit größerer Wichtigkeit hinsichtlich ihrer Ernährungsfähigkeit für den Menschen als die genannten stickstofflosen Stoffe sind nun aber diejenigen Pflanzensubstanzen, welche Stickstoff enthalten und zusammengenommen eiweißartige genannt werden, im Einzelnen aber als Pflanzeneiweiß, als Kleber oder Pflanzenfaserstoff, als Pflanzenleim und als Legumin oder Pflanzenkäsestoff bekannt sind.

Außer diesen stärke- und eiweißartigen Stoffen enthalten viele Pflanzen nun noch solche organische Substanzen in sich, welche für den Menschen als Nahrungsmittel nicht nur keinen besondern Werth haben, sondern die Pflanze oft sogar untauglich zum Genießen machen können, wie: Farbstoffe, Harze, Oele, Alkaloide (die meisten Gifte). Dagegen werden noch Stoffe aus dem Mineralreiche in den Pflanzen angetroffen, von welchen mehrere auch im menschlichen und thierischen Körper eine große Rolle spielen, wie Kochsalz, Kalk und Magnesia, Kali und Natron, Eisen und Mangan, Kiesel-, Talk- und Thonerde (s. Gartenlaube Nr. 29 S. 316). – Diejenigen Pflanzenstoffe, welche uns besonders interessiren müssen, sind die folgenden.

I. Stickstofflose, fettige oder fettähnliche

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853). Leipzig: Ernst Keil, 1853, Seite 349. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1853)_349.jpg&oldid=- (Version vom 13.4.2020)