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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853)

so daß nun durch diese, nach einem etwas tiefern Athemzuge, ein kurzes, hastiges und stoßweises Ausathmen mit Ton- oder Geräuschbildung in der verengten Stimmritze hervorgerufen wird. Durch betäubende Gifte kann ich nun zwar die Nervenreizbarkeit mildern und so den beschwerlichen Husten mäßigen, oder sogar ganz vertreiben, aber das Grundübel heile ich dadurch natürlich nicht.

Husten bei Kindern.Je kleiner das Kind, desto gefährlicher ist der Husten. Deshalb muß man es bei Kindern entweder gar nicht zum Husten kommen lassen oder denselben gleich bei seinem ersten Erscheinen durch ein vernünftiges Verhalten zu unterdrücken suchen. Vermieden kann aber der Husten dadurch werden, daß die Athmungsorgane (s. Gartenlaube Nr. 16, S. 171) weder unmittelbar durch Einathmen schädlicher Luft, noch mittelbar durch Erkältung der äußern Haut, in eine Krankheit, gewöhnlich in Entzündung, versetzt werden. Vor Allem ist auf reine und mäßig warme Luft, nicht blos bei Tage, sondern vorzüglich auch bei Nacht, zu halten; Staub, Rauch und Kälte rufen bei Kindern sehr leicht Husten hervor. Die unglückliche Idee vieler Mütter, ihre Kinder zur Abhärtung bei Wind und Wetter, bei Nord- und Ostwinde in das Freie und zwar mit dummen Kindermädchen zu schicken, hat schon einer Menge von Kindern Lungenentzündung, Keuchhusten und Bräune zugezogen und den Tod herbeigeführt. Nicht genug zu warnen ist aber noch vor schnellem Wechsel der warmen Luft mit kalter, ebensowohl bei derjenigen Luft, welche man einathmet, als auch bei der, welche den Körper äußerlich berührt. Daß so sehr viele Kinder an Husten leiden, hat seinen Grund meistens in einem solchen schnellen Temperaturwechsel, denn wie oft kommen nicht Kinder aus der warmen Wohnstube in die kalte Schlafkammer, aus heißen Schulstuben auf zugige Höfe und Plätze, aus der erhitzenden Turn- und Tanzstunde in windige Straßen. Bei sehr kleinen Kindern wird auch das Abhalten (zum Urinlassen) im Freien gar nicht selten die Ursache tödtlichen Hustens und Durchfalles, weil hierbei das in Betten, Windeln oder Kleidern eingepackte Kind mit seinem warmen Unterkörper plötzlich der kalten Luft ausgesetzt wird. Nicht minder nachtheilig ist das längere Blosliegen der Kinder während des Schlafes in kalten Schlafkammern, sowie die mit Stein- und Braunkohlenstaub oder Asche verunreinigte Luft in Schlafstuben. – Hat nun aber ein Kind einmal gehustet, so muß es sofort in gleichmäßiger warmer und reiner Luft (von 14–16° R.), sowohl während des Schlafens wie Wachens, gehalten werden und darf unter keiner Bedingung die warme Stube verlassen, selbst im Sommer nicht; es darf ferner nicht herumtollen und schreien, sondern muß hübsch ruhig bleiben und milde Nahrung bekommen. Auf diese Weise wird (auch ohne Brechwein und andere Arzneien) der Husten sehr bald schwinden und keinen gefährlichen Zustand nach sich ziehen. Wird aber das erste Husten nicht beachtet und das hustende Kind in die freie kalte Luft geschickt, so steigert sich das entzündliche Uebel, welches den Husten hervorrief und breitet sich auch, nachdem es anfangs nur im obern Theile des Athmungsapparates seinen Sitz nahm, tiefer in die Brust herab aus, so daß dadurch aus einem einfachen Katarrhe die häutige Bräune, Keuchhusten und Lungenentzündung werden kann, oder der Katarrh doch wenigstens hartnäckiger und langdauernd wird, so daß er endlich die Lunge widernatürlich erweitert. Bei sorgsamen Müttern, welche die hier gegebenen Gesundheitsregeln ordentlich befolgen, werden die Kinder niemals von dergleichen Brustleiden befallen werden.

Husten bei Erwachsenen. Wie die Kinder sind Erwachsene, welche vom Husten heimgesucht werden, zu behandeln, d. h. sie haben nicht blos dieselben Regeln zu beobachten, wie hustende Kinder, sondern sie sind auch wie diese unter Aufsicht zu stellen, weil höchst selten ein solcher Patient sein eigener Gesundheitsvormund sein kann. Oder sähe man nicht etwa tagtäglich Hustende mit bleichen hohlen Wangen im Tabacksrauche und Staube stundenlang schwatzen, an kalten und feuchten Vergnügungsorten trinken und rauchen, mit eingepreßtem erbärmlichem Brustkasten walzen und polken, mit kalten, nassen Füßen bei dünnen Stiefelchen und Strümpfen vor Kälte klappern? Erst wenn der Hustende durch sein Leiden in seinen Vergnügungen gehemmt wird, wenn er fühlt, daß es an Kopf und Kragen geht, wird er etwas verständiger und was macht er nun? Er kauft sich Hustebonbons, Liebertsche Kräuter, Serapium, Dr. Kerry’s Brustsyrup und wie das dumme unnütze, aber theure Zeug alles heißt; oder er trinkt in früher kühler Morgenluft, wo er im warmen Bette liegen sollte, Molken oder Milch mit Salzbrunnen, quält sich mit ekelhaftem Hundefette oder Leberthran ab u. s. w. In diesem lächerlichen, oder eigentlich beweinenswerthen Beginnen wird er natürlich von den Herren Aerzten recht ordentlich unterstützt und schließlich schicken diese das arme hustende Gerippe in’s Bad oder nach Italien, anstatt dasselbe ruhig zwischen seinen vier Pfählen bei der Familie sterben zu lassen. Das ist nun eine ganz alte Geschichte und wiederholt sich jeden Tag, aber hätte wohl schon Jemand daraus gelernt, sich nach Vernünftigerem umzusehen oder wenn ihm naturgemäßere Regeln gegeben wurden, dieselben gehörig (consequent und andauernd) zu befolgen? Immer zu spät erst! Aber das soll mich doch nicht abhalten für die wenigen Vernünftigen, welche der Natur mehr vertrauen als den Aerzten mit ihren Recepten, und welche vom Arzte keine Wunder an ihrem kranken Leibe verlangen, die Vorsichtsmaßregeln anzugeben, deren Befolgen beim Husten weit mehr Vortheil bringt als die oben geschilderte Quacksalberei.

1. Halte stets auf reine und warme Luft bei Tag und bei Nacht, im Sommer und Winter.– Was die Reinheit betrifft, so (s. Gartenlaube Nr. 17, S. 184) ist vorzugsweise staubige Luft zu vermeiden und deshalb müssen Hustende, die im Staube zu arbeiten haben, Mund und Nase durch eine dünnseidene Binde oder durch einen Respirator verschließen. Seitdem man auf Tanzsälen mit glatten Böden tanzt, ist das Tanzen weit weniger gefährlich worden, als früher, wo man Haufen von Staub einathmete und

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853). Leipzig: Ernst Keil, 1853, Seite 361. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1853)_361.jpg&oldid=- (Version vom 2.9.2022)