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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853)

welche Warmwasserröhren geführt sind, unter die sie kriechen, um sich zu wärmen, grade wie unter die Flügel der Glucke. So werden die kleinen Hühnchen nach und nach herangezogen und vorne auf der Klappe, wie man auf unserem Bilde sieht, gefüttert. Ebenso war es in Wirklichkeit. Ich sah mehrere Eier, aus denen die Küchlein auszukriechen im Begriff standen. Schon etwas erwachsenere Hühnchen liefen in der Stube umher. Die schöne Einrichtung der Brütmaschine von Cantelo liegt darin, daß sie von oben brütet, wie die Henne, und den Küchlein Wärme und Behaglichkeit gewährt, als befände es sich unter den Flügeln der Mutter.

Höchst unterrichtend sind Cantelo’s Mittheilungen über die Entwickelung des Hühnchens im Ei. Er sagt: „Viele Leute halten hartnäckig an der Meinung fest, daß die Brüthenne zu bestimmter Zeit die Eierschale zerbricht, um dem Küchlein herauszuhelfen; ja Einige gehen sogar so weit, dies gesehen haben zu wollen. Aber Alles ist Täuschung! Die Natur hat das Küchlein selbst mit einem passenden Werkzeug versehen, sich aus der Schale loszumachen. Und wenn nur der kleinste Theil der Eierschale durch eine äußere Gewalt zerbrochen wird – selbst dann, wenn sich das Küchlein schon ein Loch durchgearbeitet hat, wird sich dasselbe meistens verbluten, da die ganze innere Fläche der Schale mit zarten Aederchen und Blutgefäßen bedeckt ist, welche dazu dienen, dem noch unentwickelten Thiere Nahrung zuzuführen.

Brütmaschine von Cantelo

Hat das Küchlein die Schale durchbrochen, so liegt es etwa 12 Stunden lang ruhig, um Stärke aus der Luft zu ziehen und die Lungen an’s Athemholen zu gewöhnen. So wie es kräftiger wird, treten die seither außenliegenden Organe, die Eingeweide, in den Leib des Thieres, das Aderngewebe, womit die innere Fläche der Eierschale bedeckt war, findet seinen Platz im Hühnchen. Sobald diese Schale nun rein ist, macht das kleine Thierchen eine Wendung, während der Kopf unter dem rechten Flügel gebogen, der Schnabel auf den Rücken gelegt ist und die Füße vorgestreckt sind. Diese leichte kreisförmige Wendung hat zur Folge, daß eine kleine scharfe Spitze des Schnabels nach und nach die Schale zerschneidet. Wenn dies auf drei Viertel der Länge des Eis rundum geschehen ist, zerbricht auch der übrige Theil; das Ende der Schale öffnet sich wie der Deckel einer Büchse und das Küchlein schlüpft endlich heraus. In wenig Stunden ist es im Stande, zu stehen und zu laufen. Das übergebliebene Dotter und Eiweiß, was nicht zu seiner Bildung verwendet wurde, dient zu seiner Nahrung, bis es sich selbst helfen kann.

Das Ausbrüten des zahmen und wilden Geflügels durch künstliche Wärme kann in gewissen Fällen naturhistorisch und auch gewerbswirthlich von Nutzen sein. Kaum glaube ich aber, daß es im landwirthschaftlichen Betriebe Vortheile gewähren würde, obgleich Viele der Ansicht sind, daß, umsichtig geleitet, die Federviehzucht

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853). Leipzig: Ernst Keil, 1853, Seite 367. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1853)_367.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)