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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853)

zu welchem Tieck, ohne eine Antwort abzuwarten, mir noch die Worte sprach: „Wer sagt Ihnen, daß ich Aristokrat sei?“ – Darauf wendete er sich von mir ab und warf im Allgemeinen noch einige Bemerkungen über italisches Leben und Dichten hin.

Beim Heimgehen lachte mir Mosen in’s Gesicht. „Narr,“ rief er mir zu, „wie willst Du wieder gut machen, was Du heute gesündigt? Diese Art des Widerspruchs wird Dir nimmer vergeben!“ Ich theilte seine Befürchtung nicht, er hatte aber Recht. Von diesem Tage an erhielt ich keine neue Einladung zu den Tieck’schen Cirkeln; ich selbst war aber damals zu störrisch, um einen neuen Anknüpfungspunkt zu suchen und so hatte ich mich durch meine offene Entgegnung eines Genusses beraubt, dessen ich mich jetzt nach achtzehn Jahren noch mit hoher Freude erinnere.

E. B. 




Aus der Gewerbswelt.

Mitgetheilt von Friedrich Georg Wieck.




Die thüringische Gewerbeausstellung auf Schloß Friedenstein in Gotha.
II.

Wir haben in unserm Artikel in Nummer 39 einen Blick im Geiste aus den Fenstern des Schlosses Friedenstein in Gotha auf das herrliche Thüringen rings umher geworfen und einige leichte Andeutungen über dessen Gewerbsentwicklung gegeben. Heute wollen wir die inneren Räume des Schlosses rasch durchwandern und uns die ausgestellten Leistungen der thüringischen Gewerbsthätigkeit im Fluge betrachten. Denn es fehlt uns an Raum zu Mehrerem, wie es überhaupt trotz Kristallpalästen an Raum fehlt, die volle reiche Industrie in allen ihren unendlichen Verzweigungen und Kundgebungen in einer bestimmten übersichtlichen Begränzung zur Anschauung zu bringen. Man hat zu dem Ende Industrie- oder Gewerbausstellungen in’s Leben gerufen. Aber selbst die größte Ausstellung, welche noch je dagewesen ist, nämlich in London, ließ noch sehr viel zu wünschen übrig. Für den Kundigen hatte sie große Lücken. Mögen sich daher alle Unternehmer kleinerer Gewerbausstellungen über mangelhafte Vertretung mancher Gewerbszweige in ihrem Bereich trösten, wie wir uns trösten müssen, daß wir nur wenige Worte über die Ausstellung selbst sagen können, während wir viele Bogen darüber schreiben möchten.

Die erste thüringische Gewerbeausstellung in Gotha, abgehalten in den Monaten August und September dieses Jahres, ist als das erste Unternehmen seiner Art und trotz der Schwierigkeiten, die sich seiner Ausführung entgegenstellten, und der kleinen Mängel, als gelungen zu bezeichnen. Jene Schwierigkeiten lagen zum Theil in der Neuheit des Unternehmens und in den verschiedenen politischen Gränzen Thüringens, wodurch die Auffindung eines Mittelpunktes für die Aufstellung erschwert wurde. Die Mängel fanden statt, wie mehr und minder bei allen Ausstellungen, in der Vertretung mehrer wichtigen Gewerbszweige. –

Wenn es Coburg-Gotha gelang – begünstigt durch die Schwerkraft der ersten Idee, durch herrliche Räumlichkeiten, dargeboten durch herzogliche Hochsinnigkeit, durch aufopfernde Hingebung der Ausstellungskommission und besonders ihres Präsidenten des Regierungsassessors Müller – in Gotha, die Blüthe der Leistungen thüringischen Kunst- und Gewerbfleißes auf dem Schlosse Friedenstein zu entfalten, so muß auf’s Lebhafteste anerkannt werden, daß die hohen Regierungen der mit in die Ausstellung hereingezogenen Gebietstheile Thüringens und einiger angränzenden Länder das Unternehmen thatkräftig förderten. Wäre dies nicht geschehen, so hätte nicht im Entferntesten ein Ergebniß erreicht werden können, wie es erreicht worden ist, indem fast Tausend Aussteller erschienen sind.

Die Länder, welche sich an der thüringischen Ausstellung mehr oder minder beteiligten, sind: die königl. preußischen Regierungsbezirke Erfurt und Merseburg bis zur Saale und Elster, jedoch Halle mit eingeschlossen, der kurfürstlich hessische Kreis Schmalkalden, das Großherzogthum Sachsen-Weimar-Eisenach, die Herzogthümer Sachsen-Coburg-Gotha, Sachsen-Meiningen und Sachsen-Altenburg, die Fürstenthümer Schwarzburg-Sondershausen und Schwarzburg-Rudolstadt, endlich die Fürstenthümer Reuß.

Wir wollen anderen Blättern die streng statistische Richtung der Aussteller nach Land und Gewerbsfächern überlassen. Auch wollen wir uns nicht vertiefen in die Aufzählung der 24 Waarenklassen, in welche die Ausstellung systematisch getheilt war.

Nichts, geliebte Leser, ist für einen gewerblichen Schriftsteller langweiliger, als das Aufzählen von Waaren, ohne sie vorzeigen, verbildlichen, oder wenigstens doch genau beschreiben zu können.

Solche Aufzählung ist aber noch viel langweiliger zu hören. Waaren muß man sehen, anfassen, in Fällen sogar riechen und schmecken können. Da aber in der Regel in den Gewerbausstellungen überall angeschrieben steht, daß man die ausgestellten Gegenstände nicht berühren dürfe, des Probirens ganz und gar zu geschweigen, so haben für den raschen Besucher solche Gegenstände vorzugsweise Bedeutung, welche sich durch Form und Farbe bemerklich machen.

Umgekehrt ist es mit dem, der eine Ausstellung in Worten schildern soll. Er kann die Pracht der Farben

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853). Leipzig: Ernst Keil, 1853, Seite 448. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1853)_448.jpg&oldid=- (Version vom 14.4.2020)