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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853)

Länge als auch der Quere nach mit Sehnen versehen waren, so daß er ohne Mühe alles vor sich niederwarf, was sich ihm in den Weg stellte. Der Sohn dieses Fechters war von demselben Körperbau wie sein Vater und besaß auch dessen Stärke. Er diente als Soldat in der Armee des Pompejus und als er einmal von einem Feind herausgefordert ward, machte er mit diesem so wenig Umstände, daß er ihn durch Schläge mit seiner nackten Hand tödtete und dann mit einem einzigen Finger aufhob und in das Lager trug.

In der ersten Hälfte des sechszehnten Jahrhunderts lebte in Meißen ein Pförtner an der Domkirche, Namens Nicolaus Klunker, der so stark war, daß er ganz allein und ohne irgendwelche Vorrichtung ein großes Faß Wein aus dem tiefen Schloßkeller heraufholte, bis vor die Stadt trug und auf einen Karren legte.

Zur Ostermesse 1701, wo die Schaubuden noch auf der Grimmaischen Straße standen, ließ sich ein Italiener sehen, welcher mit einem Marmorwürfel von drei Kubikfuß spielte, indem er ihn hoch in die Luft warf, wieder auffing und noch sonstige Künste damit vornahm, so wie wir es heutzutage mit größeren oder kleineren Kugeln vornehmen sehen. Der ebenfalls wegen seiner ungemeinen Körperstärke bekannte damalige Kurfürst von Sachsen und König von Polen Friedrich August war mit einem großen Gefolge auf dieser Messe anwesend, nahm unter andern auch die Künste dieses Italieners in Augenschein und beschenkte ihn reichlich.

Ebenso finden wir eine Menge anderer Beispiele von außerordentlicher Körperstärke, ohne daß die Besitzer derselben daraus einen Broderwerb gemacht hätten. So lebte vor etwa hundert Jahren zu Berlin ein pommerscher Edelmann, Namens Baron Mündelheim, der mit dem Mittelfinger seiner rechten Hand den stärksten Mann, der sich vor ihn setzte oder stellte, über den Haufen warf. Ein galoppirendes Pferd brachte er mit einem einzigen Ruck des Zügels zum Stehen und schob mit seiner Schulter ein vierundzwanzigpfündiges Geschütz mit leichter Mühe hin und her. Seine Handgelenke schienen von Horn zu sein und er zerbrach Hufeisen und zerriß die stärksten Seile.

Traugott Möller, ein Bauersmann zu Stützengrün im sächsischen Voigtlande, trug einmal – es war zur Zeit des siebenjährigen Krieges – in Folge einer Wette sechs Scheffel Weizen mit sammt dem Müller, einem großen starken Mann, der auch seine zwei Scheffel wog, auf seinen Schultern einen Büchsenschuß weit.




Nicolaus Lenau erzählte oft und gern die nachfolgende Anekdote aus dem Leben des verstorbenen Königs von Preußen, der bekanntlich alle Worte kurz, meist nur den Infinitiv, herausstieß. Der König befand sich in Teplitz und hörte zufällig eines Tages von einem ungarischen Magnaten, der eben so bündig spreche. „Ordentlicher Mann sein! Kennen lernen!“ Der Monarch ließ sich diesen Mann beschreiben und redete ihn bei der ersten Gelegenheit an, woraus nachstehende Unterhaltung entstand:

König: Baden?
Ungar: Waschen.
König: Militär?
Ungar: Magnat.
König: So –
Ungar: Polizei?
König: König.
Ungar: Gratulir'.

Damit war die Unterredung zu Ende.




Der Pflanzenkostbote heißt eine in England erscheinende Zeitschrift, die jetzt viel gelesen wird. Sie ist das Organ eines in England und Nordamerika seit 1847 bestehenden Vereins, der sich die Aufgabe gestellt, die Enthaltung von allen Fleischspeisen und den ausschließlichen Gebrauch der Pflanzenkost als angemessen der menschlichen Natur durch Beispiel und Lehre nachzuweisen und so ein Prinzip zu durchgreifender Geltung zu bringen, dem die Macht beigelegt wird, wahre Civilisation, allgemeinen Brudersinn und menschliche Glückseligkeit zu fördern. – Mit allen Waffen aus den Rüstkammern der Physiologie, Moral-Geschichte und Erfahrung zu Abwehr und Angriff versehen, tritt das System gegen die herrschende Meinung in die Schranken, und scheut sich nicht, auch den praktischen Einwürfen die Spitze zu bieten: Was soll mit den Thieren angefangen werden? Woher sollen wir Leder, Rauchwaaren und Aehnliches hernehmen? Wie soll der Landbau bestehen? etc. etc. Die Zeitschrift will unter Anderm wissen, daß zwei Drittel der französischen Bevölkerung ohne Fleischspeisen leben und daß in Glasgow, einer Stadt von mehr als 30,000 Einwohner, im Jahre 1763 das Schlachten eines Rindes noch etwas Unbekanntes gewesen. Aufmerksame Leser des Artikels. Was das Leben und die Gesundheit des Menschen erhält? in Nr. 39 unserer Gartenlaube werden sich selbst ein Urtheil über die Richtigkeit dieses Systems bilden können.




Sefeloge. Eine Wahnsinnsstudie von Dr. Damerow heißt eine demnächst erscheinende Schrift. Der Verfasser, Professor und Direktor der Irrenanstalt in Halle, giebt in dieser interessanten Schrift das Resultat seiner Beobachtungen über den unter seiner Obhut in der Halle’schen Irrenanstalt befindlichen Sefeloge, der vor einigen Jahren das Attentat auf den König von Preußen verübte.

E. K. 




Im Verlage von Ernst Keil in Leipzig ist erschienen:
Hauserziehung und Kindergarten.
Vorträge für Frauen und Jungfrauen,
welche für die Familie oder den Kindergarten sich zu Erzieherinnen bilden wollen.
Von
Auguste Herz.
24 Bogen. eleg. broch. 0 11/3 Thlr.



Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853). Leipzig: Ernst Keil, 1853, Seite 452. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1853)_452.jpg&oldid=- (Version vom 15.4.2020)