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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853)

Innere erforscht, wo z. B. Deutsche, Barth und Overweg, mitten in Wüsten die herrlichsten Paradiese mit gutmüthigen, ziemlich gebildeten Menschen entdeckt haben, und von allen Seiten durch Häfen, Handel, Missionäre, Kolonien, Gemeinden und Dörfer der Weltbildung und dem Welthandel Straßen gegründet, auf welchen die Cultur hineinfährt und Cultur mit Procenten wieder zurückkehrt.

Die Verfasserin von „Onkel Tom's Hütte“ prophezeit der schwarzen Race sogar eine Zukunft, die über weiße Bildung und Humanität hinausgehen werde. An Talent und Lust, an natürlicher Herzensgüte und jugendlicher Lern- und Thatenlust fehlt es, so weit die Erfahrungen reichen, den meisten Negerstämmen nicht. Mit der Hitze ist's auch nicht so arg, und die Natur hat bis unter den Aequator hin bereits für umgekehrtes Heizmaterial gesorgt, nämlich für ewigen Schnee auf gigantischen Bergen, von denen man, wo es zu heiß ist, Eis herunterholen wird, um die Zimmer ebenso zu kühlen, wie wir sie heizen. –

Zur Erkenntniß des Innern Afrika's hat die unlängst im Drucke erschienene Reise des Engländers Francis Galton viel beigetragen. Er drang vom Süden, dem Cap der guten Hoffnung, in's Innere auf der westlichen Seite vor, zunächst durch das Land Damara mit seinen vielen christlichen Dörfern und Kolonien, um welche auch Deutsche großes Verdienst haben, und dann weiter hinein an großen schönen Flüssen, Gebirgen und durch wundervolle Palmenwälder bis zum 18. Grade südlicher Breite, wo ihn deutsche Kornfelder mit ihren goldenen Wogen empfingen und deren König und Volk. Das Volk nennt sich „Ovampo's“ und deren König Nangoro. Beide wollen wir jetzt näher kennen lernen und auch bei Königs mit zu Balle gehen. Wir lassen Francis Galton selbst erzählen.

„Ungefähr gegen Mittag ward mir gemeldet, Se. Majestät Nangoro sei auf dem Wege zu mir. Ich ließ also hübsch zusammenräumen und putzte mich selbst stattlich heraus. Bald sah ich denn auch eine ziemliche Menge Schwarzer feierlich herankommen. In ihrer Mitte watschelte sehr schwerfällig ein ungeheuer fetter, alter Bursche mit kurzem, schnaubendem Odem, dem die Bürde seiner (unsichtbaren) Krone und seiner Uniform, die aus nichts als Fett auf dem nackten Körper bestand, sehr schwer zu werden schien. Es war der König Allerhöchstselbst. Er wackelte heran mit einem ungemein majestätischen, festen Blick auf uns, sich in der Mitte seines Gefolges auf einen sehr niedlichen Stock lehnend, der ihm wahrscheinlich auch als Scepter diente. Wir verbeugten uns Alle vor ihm, doch nahm er keine Notiz davon, so daß ich nicht wußte, was ohne die geringste Kenntniß der Ovampo-Hof-Etikette zu thun sei. Ich setzte mich also wieder und fuhr fort, an meinem Journal zu schreiben. Ungefähr nach fünf Minuten schrotete er sich dicht an mich heran, grunzte auf eine wohlwollende Weise, gab mir einen gnädigen Rippenstoß mit dem Scepter und setzte sich, schnarchend wie eine verdorbene Orgel, neben mir nieder. Chik, mein Dolmetscher zwischen der Damara- und Ovamposprache (ich verstand blos erstere) vermittelte nun unsere Unterredung. Der Hof stand dicht um ihn herum und lachte jedesmal unbändig, wenn Majestät etwas Scherzhaftes zu sagen geruhten, wie sie eben so tief ernste Mienen annahmen, sobald sie Worte der Weisheit sprach – Alles im schnellsten Wechsel und in der naivsten Weise. Ich breitete nun die Kleinodien aus, die ich dem Könige gleichsam als Eingangszoll auf unsere Personen und Sachen zugedacht, und bedauerte zugleich, daß ich ihm nichts Besseres bieten könne. Aber alle meine goldenen Herrlichkeiten fanden wenig Gnade vor seinen und seines Volkes Augen. Die Mode ist unter den Schwarzen eben so tyrannisch, wie bei uns Weißen. Meine Perlen waren nicht Mode bei den Ovampo's. Ich hätte jetzt gern 10 Pfund Sterling für die rechte Sorte gegeben. Ich war jetzt in der Lage eines Menschen etwa in einem Pariser Hotel, der seine Rechnung mit einem Kasten voll Negersandalen bezahlen will. Nangoro sah ziemlich ärgerlich aus, eben so sein Volk und Hof. Es gilt bei den Afrikanern als eine Beleidigung, in ihr Land zu kommen, ohne mit einem passenden Geschenke sich die Gnade des betreffenden Monarchen zu erkaufen. Der Ochse, der unter meinen Geschenken stand, gefiel ihm. Er knuffte mich mit wohlwollendem Unwillen in die Seite und fragte, ob ich nicht die Kuh als Lebensgefährtin des Ochsen zufügen wolle. Die Kuh gehörte einem meiner Begleiter und ich zögerte. Doch bestand er darauf und so ging unsere brave Milchlieferantin hinüber und ward ein Unterthan Nangoro's. Jetzt plauderte er mit uns ziemlich gemüthlich, besah unsere Flinten und ließ uns damit schießen. Endlich verließ er uns mit den Worten, daß wir in seinem Lande machen, kaufen und verkaufen könnten, was wir wollten. Große Massen von Unterthanen, die sich während dieser Audienz um uns versammelt hatten, umdrängten uns nun, um uns näher zu besehen. Sie lachten und scherzten ausgelassen, ohne uns indeß im Geringsten zu belästigen. Im Gegentheil sah ich in ihnen die naivste Art, sich ohne Polizei selbst zu regieren. Mancher, der uns zu nahe trat und zu laut war, bekam verschiedene Püffe und wurde so in die Grenzen des Anstandes zurückgewiesen. Die Meisten waren reichlich mit Perlen bekleidet, selten mit etwas Anderem. Manche hatten sich roth geschminkt und gepudert und trugen Schminke, Haare und Puder in kleinen runden Büchsen bei sich. Die Mädchen sahen ziemlich derb und wie gute Arbeiterinnen aus und zeigten sich ungemein lustig und zärtlich gegen einander. Sie standen überall herum in zärtlich verschränkten Gruppen, wie Canova's Grazien. Ihre Gesichter blickten offen und lustig, aber sehr stark wie mit Butter bestrichen und mit rother Salbe. Sie summten hübsche Lieder und tänzelten den ganzen Tag um uns herum und brachten meine schwarzen Diener ganz außer Fassung. Einer derselben handelte sehr stark mit ihnen und kaufte, mitten in Perlen sitzend, große Massen Korn und Bohnen dafür. Für ein Stückchen Eisen, 4 Fuß lang und 1/2 Zoll dick, brachten mir die Damen über 100 Pfund Korn, theils in Körbchen, theils handvollweise. Sie trugen ihr Haar vorn kurz geschnitten und hinten lang und lose wie einen Fächer.

„Nangoro giebt seinem Volke jede Nacht einen

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853). Leipzig: Ernst Keil, 1853, Seite 473. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1853)_473.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)